Medizin

Malaria kam mit dem Sklavenhandel nach Südamerika

Erreger gelangte über zwei Routen in portugiesische und spanische Kolonien

Der Malaria-Erreger Plasmodium falciparum wurde mit dem Sklavenhandel nach Südamerika eingeschleppt. Bis heute spiegeln zwei genetische Hauptgruppen des Erregers die beiden Routen wieder, auf denen einst die Sklaven und mit ihnen auch die Infektionskrankheit auf den Kontinent gelangten. Das berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

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Der Ursprung der südamerikanischen Malaria in Afrika galt schon länger als wahrscheinlich, umstritten blieben jedoch die Routen und auch die Zeiten, zu denen der Erreger den Atlantik überquerte. „Unsere Studie bestätigt nun, dass Plasmodium tatsächlich während der Zeit des transatlantischen Sklavenhandels nach Südamerika gelangte“, schreiben Erhan Yalcindag von der Université de Montpellier und seine Kollegen.

Im Blut von infizierten Sklaven eingeschleppt

Transportiert wurde der Malaria-Erreger dabei unerkannt im Blut von Sklaven, die sich noch in ihrer Heimat Afrika angesteckt hatten. Über Stechmücken, die dann in Südamerika vom Blut dieser Sklaven saugten, verbreitete sich die Krankheit weiter über den Kontinent.

Für ihre Studie hatten die Forscher Gene von Malaria-Erregern aus 24 Orten in 17 Ländern sowohl in Afrika, als auch in Südamerika und Asien verglichen. Der daraus erstellte genetische Stammbaum ergab, dass die südamerikanischen Populationen von Plasmodium zwei große, voneinander getrennte Gruppen bilden: Eine nördliche mit Schwerpunkt in Kolumbien und eine südliche mit Schwerpunkt in Brasilien, Bolivien und Französisch Guayana.

Genetik des Erregers spiegelt Kolonialgeschichte wieder

Wie die Wissenschaftler berichten, spiegelt diese Aufteilung deutlich die Geschichte der europäischen Kolonialisation Südamerikas wieder: „Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert war Südamerika in zwei Herrschaftsgebiete geteilt: Spanien regierte in Mittelamerika und dem Norden und Westen des Kontinents und Portugal herrschte über die Ostküste und das Amazonasgebiet“, erklären die Forscher.

Beide Kolonialmächte transportierten Millionen von Sklaven aus Afrika in ihre Kolonien, taten dies aber auf ganz verschiedenen Routen. Spanien habe seine Sklaven in der Karibik, aber auch in Kolumbien angelandet, Portugal dagegen vorwiegend in den brasilianischen Häfen Rio de Janeiro und Bahia.

„Die Tatsache, dass beide Kolonialmächte damals ihre Sklaven in verschiedenen Regionen Südamerikas ausschifften und verteilten, ist wahrscheinlich auch der Grund, warum der Malaria-Erreger damals auf zwei unabhängigen Wegen eingeschleppt worden ist“, schreiben Yalcindag und seine Kollegen.

Aus den genetischen Daten gehe auch hervor, dass die Einschleppung von Plasmodium nach Südamerika kein kurzzeitiges Ereignis, sondern ein anhaltender und wiederholter Prozess war. „Es dauerte so lange, wie auch afrikanische Sklaven von den Spaniern und Portugiesen auf den Kontinent gebracht wurden“, sagen die Forscher. Insgesamt habe diese Phase rund 300 Jahre gedauert. (PNAS, 2011; doi: 10.1073/pnas.1119058109)

(National Academy of Sciences, 28.12.2011 – NPO)

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