Zoologie

Maulwürfe können stereo riechen

Unterschiede der Duftsignale beider Nasenlöcher helfen bei der Ortung etwa einer Futterquelle

Nase - Sitz der Riechsinneszellen © IMSI Masterclips

Die meisten Säugetiere und auch wir Menschen können stereo sehen und hören – dafür besitzen wir zwei Augen und Ohren. Aber was ist mit der Nase? Obwohl wir auch zwei Nasenlöcher haben, war bisher nicht klar, ob wir auch stereo riechen können. Ein US-amerikanischer Forscher hat nun eine erste Antwort auf diese Frage: Zumindest ein Säugetier, der Maulwurf, kann tatsächlich Duftsignale seiner beiden Nasenlöcher getrennt verarbeiten und diese Informationen zur Ortung einer Duftquelle nutzen, wie der Forscher im Fachmagzin „Nature Communications“ berichtet. Die Ergebnisse legten nahe, dass auch andere Säugetiere, wie Hunde oder Schweine stereo riechen können.

Der Biologe Kenneth Catania von der Vanderbilt University kam eigentlich eher durch Zufall auf die Idee, den Geruchssinn des Ostamerikanischen Maulwurfs (Scalopus aquaticus) genauer zu untersuchen. Denn als er diese Tiere als Kontrollgruppe in einer Studie zu Sternmullen einsetzte, fiel ihm auf, dass die Bodenwühler ihre Beute deutlich schneller fanden als erwartet – obwohl diese Tiere nahezu blind und schwerhörig sind. Das brachte den Forscher auf die Idee, zu prüfen, welche Rolle der Geruchssinn für diesen Jagderfolg spielte und ob die Maulwürfe möglicherweise sogar ihre Beute per stereo-riechen orteten. „Ich war aber sehr skeptisch“, sagt Catania. „Denn die Nasenlöcher der Maulwürfe liegen sehr eng zusammen, dass sie damit Duftgradienten zwischen beiden wahrnehmen können, erschien mir unwahrscheinlich.“

Schnüffelnd zum richtigen Napf

Dennoch machte Catania die Probe aufs Exempel: Er setzte jeweils einen Maulwurf in eine runde Arena, in der kleine Futternäpfe entlang eines Halbkreises aufgestellt waren. Eines davon enthielt ein kleines Stück Regenwurm – eine Lieblingsnahrung für die Maulwürfe. „Es war erstaunlich: Sie fanden das Futter in weniger als fünf Sekunden und liefen fast jedes Mal direkt zum richtigen Napf“, erklärt Catania. Beobachtungen per Zeitlupenkamera gaben erste Hinweise darauf, wie der Maulwurf dies schaffte: Betrat er die Kammer, bewegte er zunächst seine Nase schnüffelnd hin und her, dann aber bewegte er sich scheinbar ohne weitere Verzögerungen direkt auf den Napf zu.

Blockierte der Forscher den Maulwürfen eines ihrer beiden Nasenlöcher mit einem kleinen Pfropf, verloren sie prompt ihre Zielsicherheit: Was das linke verstopft, drifteten sie zu weit nach rechts, war das rechte verstopft, zu weit nach links. Demnach benötigte das Tier ganz offensichtlich beide Nasenlöcher zur Ortung, so die Vermutung des Forschers. Klarheit brachte dann ein letzter Test, bei dem Catania mittels kleiner Plastikröhrchen den Duft der linken Nasenseite in das rechte Nasenloch umleitete und umgekehrt. Der Effekt war verblüffend: Die Maulwürfe fanden nun gar nicht mehr zum Futter. Stattdessen irrten sie scheinbar völlig orientierungslos in der Arena herum.

Stereo-Riechen auch bei Hunden und Schweinen wahrscheinlich

Nach Ansicht von Catania belegt dies, dass die Maulwürfe, als erstes bekanntes Säugetier, sehr wohl stereo riechen können. Ihr Gehirn wertet winzige Unterschiede in der Duftintensität beider Nasenlöcher aus und ermittelt daraus die Richtung der Geruchsquelle. Diese Fähigkeit nutzen die Maulwürfe allerdings erst, wenn sie dem Futter schon relativ nahe sind. Aus der Ferne schnüffeln sie eher mono und prüfen alle paar Schritte, ob der Duft stärker wurde oder nicht.

„Die Tatsache, dass der Maulwurf stereo riechen kann um sein Futter zu finden, deutet darauf hin, dass auch andere Säugetiere, die sich auf ihren Geruch verlassen, wie beispielsweise Hunde oder Schweine, diese Fähigkeit besitzen könnten“, sagt Catania. Ob auch wir Menschen diese Fähigkeit besitzen, ist allerdings unklar. Der Forscher ist zumindest skeptisch. Denn in bisherigen Tests sei ein Stereoeffekt ansatzweise erst dann aufgetreten, wenn ein Geruch schon so stark war, dass er die Nasenschleimhaut angriff. (Nature Communications, 2013; doi: 10.1038/ncomms2444)

(Vanderbilt University, 06.02.2013 – NPO)

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