Ökologie

Mausmakis: Väterliche Laute schützen vor Inzucht

Nicht nur hochentwickelte Primaten können Verwandte erkennen

Graue Mausmakis sind nachtaktiv und kommen ausschließlich auf Madagaskar vor, wo sie im dichten Gebüsch des Tropenwaldes zu Hause sind. © S. Kessler

Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam hat erstmals gezeigt, dass die Werberufe der Mausmaki-Männchen den Weibchen verraten, ob es sich um Verwandte handelt. Die Wissenschaftlerinnen hatten den Weibchen Playbacks von Warn- und Werberufen der männlichen Tiere vorgespielt. Dabei zeigte sich, dass die Weibchen auf die Werberufe ihrer Väter kaum reagierten, auf die nicht-verwandter Männchen hingegen schon. Dies demonstriere erstmals, dass nicht nur hochentwickelte Primaten mit einem großen Gehirn in der Lage seien ihre Verwandten zu erkennen, berichten die Forscher im „Journal BMC Ecology“.

Um Inzucht zu vermeiden, haben Säugetiere verschiedene, zum Teil sehr aufwändige Strategien entwickelt, um Männchen aus ihrer väterlichen Ahnenreihe zu identifizieren. Bei einigen Affen wie Pavianen, Makaken oder Menschenaffen wird diskutiert, dass die Weibchen ihre männliche Verwandtschaft visuell erkennen, so dass sie Paarungen mit ihren männlichen Verwandten vermeiden. Nun haben Wissenschaftlerinnen der Tierärztlichen Hochschule Hannover und Kolleginnen aus Arizona über Playback-Experimente herausgefunden, dass auch weibliche Graue Mausmakis, als die kleinsten Primaten der Welt, in der Lage sind, Verwandte väterlicherseits über ihre Rufe zu erkennen.

Graue Mausmakis sind nachtaktiv und kommen ausschließlich auf Madagaskar vor, wo sie im dichten Gebüsch des Tropenwaldes zu Hause sind. Die akustische Kommunikation ist für die nachtaktiven Mausmakis sehr wichtig, um sich mit Artgenossen zu verständigen, da die Sicht im Wald schlecht, die Entfernungen groß und die Möglichkeiten über Geruch oder visuell miteinander zu kommunizieren deshalb äußerst begrenzt sind. Da sie ein kleines Gehirn besitzen und allein auf Nahrungssuche gehen, widersprechen die Erkenntnisse der bisherigen Annahme, dass nur Tiere mit im Verhältnis großen Gehirnen ihre väterlichen Verwandten über Laute erkennen können.

„Graue Mausmakis eignen sich besonders gut, um die Erkennung männlicher Verwandte über Laute zu untersuchen, da die weiblichen Tiere nach ihrer Geburt im selben Gebiet bleiben wie die Männchen“, erklärt Sharon Kessler von der Hannoveraner Hochschule. „Ihre Nachkommen ziehen die Weibchen gemeinschaftlich mit anderen Weibchen aus ihrer Verwandtschaft auf. Die Männchen hingegen kümmern sich nicht um ihren Nachwuchs und ihre Partnerin, leben aber im selben Gebiete und treffen dabei häufig auf ihre Töchter. Unsere Vermutung war deshalb, dass Lautäußerungen sehr wichtig sein müssten, um Inzucht zu vermeiden.“.

Die Forscherteams aus Hannover und Arizona stellten fest, dass die häufigsten Rufe der Mausmakis der Werbungs- und der Warnruf sind. Sie untersuchten die akustischen Parameter der Rufe und konnten zeigen, dass väterliche Verwandtschaftslinien an der akustischen Signatur ihrer Werbungsrufe, aber nicht an der ihrer Warnrufe statistisch zu unterscheiden sind. „Wie wir über Playback-Experimente zeigen konnten, nutzen die Weibchen die in der Stimme enthaltenen Merkmale zudem zur Verwandtenerkennung. Die Weibchen schenken dabei den Werberufen fremder Männchen viel mehr Aufmerksamkeit als den Rufen ihrer Väter“, erklärt Elke Zimmermann, Leiterin des Instituts für Zoologie. Die Ergebnisse seien damit ein erster Hinweis darauf, dass Primaten ihre väterliche Verwandtschaft an der Stimme erkennen können.

Im weiteren Verlauf möchten die Wissenschaftlerinnen mehr über die Mechanismen herausfinden, die eine Verwandtschaftserkennung möglich machen. Dafür werden sie beispielsweise die Rufe der Mausmakis künstlich manipulieren und mittels Verhaltenstests an Mausmaki-Weibchen ihre Wirksamkeit untersuchen (doi:10.1186/1472-6785-12-26).

(Journal BMC Ecology, 03.12.2012 – KBE)

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