Hepatitis führt zu chronischen Leberentzündungen und letztlich auch zu Leberkrebs. Aber wie? Jetzt haben Wissenschaftler den Mechanismus dieser Krankheitskette aufgeklärt. Entscheidende Rolle spielen dabei zwei Botenstoffe und ein Rezeptor. Die jetzt in „Cancer Cell“ veröffentlichten Erkenntnisse eröffnen auch neue therapeutische Strategien zur Behandlung von Leberkrankheiten mit chronischer Entzündung.
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Hepatitis B- und Hepatitis C-Viren verursachen chronische Leberentzündung und können zu Leberzellkrebs (Hepatozellulärem Karzinom) führen, dem häufigsten primären Leberkrebs. Pro Jar stereo weltweit circa 500.000 Menschen an dieser Erkrankung. Man nimmt an, dass die veränderte Expression von Botenstoffen an der entzündungsvermittelten Leberkrebs-Entstehung entscheidend beteiligt ist. Die Mechanismen, die diese Tumorentwicklung verursachen, waren bisher aber nicht genau bekannt.
Kurbelt die Entzündung die Botenstoffproduktion an oder umgekehrt?
Die Botenstoffe Lymphotoxin α und β werden vorwiegend von weißen Blutkörperchen, den Lymphozyten, produziert und spielen eine entscheidende Rolle in der Entwicklung lymphatischer Organe und der Kontrolle der Immunantwort des Körpers. Frühere Forschungsarbeiten hatten bereits gezeigt, dass die Leber von mit Hepatitis C infizierten Patienten deutlich mehr Lymphotoxin ausschüttet als normal. Unklar war jedoch, ob dieser Anstieg an der Entstehung der chronischen Entzündung und des Leberkrebses kausal beteiligt war oder ob der beobachtete Anstieg deren Folge war.
Wissenschaftler um Mathias Heikenwälder, Professor Adriano Aguzzi und Kollegen von der Universität Zürich und dem Universitätsspital untersuchten nun eine mögliche Verbindung zwischen abweichender, anhaltender Lymphotoxin-Produktion in der Leber, chronischer Leberentzündung und Krebsbildung. In einem ersten Schritt bestätigten die Forscher zunächst, dass Lymphotoxin α und β und auch ein Lymphotoxin-Rezeptor bei Leberentzündungen, die durch Hepatitis B und C verursacht werden, und bei Leberzellkrebs vermehrt produziert werden. Im nächsten Schritt stellten sie fest, dass sowohl die Lymphozyten als auch die Leberzellen diese Botenstoffe ausschütten.
Lymphotoxin löst Entzündung aus
Um nun die Ursache-Wirkungs-Abfolge aufzuklären, untersuchten die Forscher Mäuse, deren Leberzellen durch gentechnische Veränderung mehr Lymphotoxin produzierten als normal. Tatsächlich zeigte sich, dass diese Tiere chronische Leberentzündungen entwickelten und später auch Leberkrebs. Wenn die Wissenschaftler jedoch die Rezeptor-Signalübermittlung des Lymphotoxins bei den Mäusen mit chronischer Leberentzündung blockierten, klang die Entzündung ab und die Krebsentwicklung wurde verhindert.
Anschaltdauer des Rezeptors entscheidend
Es scheint, als ob der Rezeptor-Signalweg in der Leber – wenn kurz angeschaltet – vorteilhaft und – wenn chronisch angeschaltet – schädlich sein könnte. Nach Ansicht der Forscher deutet daher alles darauf hin, dass ein nur kurz angeschalteter Rezeptor durchaus nützlich ist, denn er aktiviert die Immunreaktion auf die Infektion mit Hepatits. Bleibt der Rezeptor aber chronisch aktiv, kann dieses dauerhafte Lymphotoxin-Signal letztlich zu Leberzellkrebs führen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine erhöhte Lymphotoxin-Produktion in der Leber wesentlich zur chronischen Leberentzündung und der daraus folgenden Krebsbildung beiträgt”, erklärt Heikenwälder. „Das Blockieren des Signalweges könnte ein vorteilhafter therapeutischer Ansatz zur Behandlung chronischer Leberentzündung und anderer Leberkrankheiten sein, in denen dieser Signalweg übermäßig angeschaltet ist.“
(Universität Zürich, 08.10.2009 – NPO)