Wie erzeugt unser Gehirn eine mentale Karte unserer Umwelt? Und wie merken wir uns einen Weg? Für die Aufklärung dieser Fragen und damit des hirneigenen Navigationssystems hat das Nobelpreiskommitee dem US-Hirnforscher John O’Keefe und dem norwegischen Forscherpaar May-Britt und Edvard Moser den Medizin-Nobelpreis verliehen.
Jeder Mensch verfügt über einen Ortssinn: Wir merken uns, wo wir uns in Bezug auf Landmarken befinden, finden quasi im Schlaf den täglichen Weg zu unserer Arbeit oder wieder nach Hause und verfügen über eine mehr oder weniger umfangreiche mentale Karte unserer Umgebung, aber auch anderer Orte, die wir einmal besucht haben. Schon lange ist bekannt, dass auch Tiere ein Ortsgedächtnis haben und Ratten beispielsweise den Weg durch ein Labyrinth lernen. Wie und wo im Gehirn aber diese mentale Karte entsteht und gespeichert wird, war die große Frage.
O’Keefe: Das Geheimnis der Ortszellen
Der US-Forscher John O’Keefe arbeitete am University College London, als er Ende der 1960er Jahre beschloss, sich dieser Frage neurophysiologisch anzunähern. Dafür ließ er Ratten frei in einem Raum umherlaufen und leitet dabei Signale von individuellen Hirnzellen im Hippocampus ab. Dieser evolutionär alte Teil des Gehirns ist die zentrale Schaltstelle für die Verarbeitung von Eindrücken und für die Bildung von Erinnerungen.

Wie O’Keefe feststellte, wurden bei den Ratten immer dann ganz bestimmte Hirnzellen in diesem Areal aktiv, wenn sie sich in einer bestimmten Ecke des Raums befanden. An jeder Stelle des Raumes feuerten jeweils andere Hirnzellen. Durch weitere Untersuchungen erkannte der Forscher, dass diese „Ortszellen“ nicht nur einfach auf visuelle Reize – Landmarken – reagierten, sondern dass ihre Aktivität eine Art Gedächtnisabbild der Umgebung bildete.