Paläontologie

Megalodon war ein transozeanischer Super-Prädator

Größter Hai der Erdgeschichte war schwerer und verschlang größere Beute als gedacht

Megalodon
Der bis zu 20 Meter große Urzeit-Hai Megalodon konnte wahrscheinlich selbst acht Meter große Wale verschlingen. © J. J. Giraldo

Urzeitlicher Gigant: Der ausgestorbene Riesenhai Megalodon war offenbar massiger, größer und schneller als bislang gedacht, wie eine neue Rekonstruktion enthüllt. Demnach wog der Megalodon mehr als 60 Tonnen und sein Magen hatten ein Volumen von fast 10.000 Litern. Dank seines großen Magens und Mauls konnte dieser Hai selbst acht Meter lange Wale mit wenigen Happen hinunterschlingen. Er war damit ein echter Super-Prädator und durchzog alle Meere, wie Paläontologen in „Science Advances“ berichten.

Otodus megalodon gilt als der größte Hai, der je die Meere durchpflügte. Er wurde rund dreimal so groß wie der heutige Weiße Hai und war bis vor rund 2,6 Millionen Jahren der Top-Prädator der urzeitlichen Meere. Was der Riesenhai fraß, wie schwer er war und warum er ausstarb, ist jedoch unklar. Einer der Gründe dafür: Von diesen gigantischen Raubfischen sind fast nur Zähne erhalten, weil ihre aus Knorpel bestehenden Skelette nach dem Tod schnell zersetzt wurden.

Megalodon-Gebiss
Erhalten geblieben sind von Megalodon fast nur Zähne, hier eine Rekonstruktion seines Gebisses. © Serge Illaryonov / CC-by-sa 3.0

Erste 3D-Rekosntruktion auf Wirbelbasis

Weltweit sind bisher nur zwei Megalodon-Fossilien bekannt, bei denen auch einige Wirbel erhalten geblieben sind. Eines davon haben nun Paläontologen um Jack Cooper von der Swansea University in Großbritannien genutzt, um erstmals einen solchen Riesenhai anhand seiner Skelettteile zu rekonstruieren. Es handelt sich um das Exemplar eines 46 Jahre alten Megalodon, der vor rund 18 Millionen Jahren lebte und dessen versteinerte Wirbelsäule schon in den 1860er Jahren in Belgien entdeckt worden ist.

Für ihre Studie scannten und vermaßen die Forschenden jeden einzelnen Wirbel des Urzeit-Hais und konstruierten daraus zunächst ein digitales 3D-Skelett des Tieres. Dann nutzten sie den Weißen Hai und andere eng verwandte Haiarten als Referenz für die Größenverhältnisse der nicht erhaltenen Körperteile. Auf dieser Basis verliehen die Paläontologen ihrem 3D-Skelett auch Muskeln, Organe und den Rest des Körpers.

„Wir haben damit das erste dreidimensionale Modell des Körpers von Megalodon erstellt und konnten nun nutzen, um auf seine Masse, Bewegung und Nahrungsökologie zu schließen“, erklärt das Team.

61 Tonnen schwer und transozeanisch unterwegs

Die neue Rekonstruktion enthüllt: Das belgische Exemplar des Megalodon war wahrscheinlich rund 16 Meter lang und wog mehr als 61.000 Kilogramm – gut 61 Tonnen. „Dies ist 23 Prozent schwerer als bislang für einen Megalodon dieser Größe geschätzt“, berichten Cooper und seine Kollegen. Die Anatomie des Urzeit-Hais legt zudem nahe, dass er mit einer mittleren Geschwindigkeit von rund 1,4 Metern pro Sekunde verhältnismäßig schnell unterwegs war: „Ein 16 Meter langer Megalodon konnte schneller schwimmen als alle heutigen Meerestiere“, so das Team. Auch den Weißen Hai oder einen Walhai hätte er hinter sich gelassen.

„Der Megalodon war demnach ein guter Schwimmer, der lange Strecken zurücklegen konnte – möglicherweise unternahm er längere Migrationen als heutige Haiarten“, schreiben die Paläontologen. Sie vermuten, dass der Riesenhai dadurch häufiger auch zwischen Meeren wechselte und so für transozeanischen Austausch sorgte.

Super-Prädator mit Riesen-Beute

Noch beeindruckender ist jedoch, was die Forschenden über die Ernährung des Megalodon herausfanden. Der Rekonstruktion zufolge fasste allein sein riesiger Magen gut 9.600 Liter, sein Maul war 1,40 Meter breit und bei voller Öffnung 1,80 Meter hoch. Damit konnte der Urzeit-Hai deutlich größere Beute jagen und fressen als bislang gedacht: Maul und Magen legen nahe, dass der Riesenhai selbst sieben bis acht Meter lange Beutetieren in wenigen Bissen verschlingen konnte.

Der Megalodon vertilgte demnach selbst urzeitliche Wale und Haie, die größer waren als der Orca, einer der Top-Prädatoren der heutigen Meere. „Dies stützt frühere Annahmen, nach denen Otodus megalodon eine höhere Stufe im Nahrungsnetz einnahm als die modernen Top-Prädatoren“, erklären die Paläontologen.

Enormer Energieverbrauch

Allerdings benötigte der Riesenhai auch die enorme Energiemenge von rund 98.000 Kilokalorien pro Tag, um seinen massigen Körper versorgen. Um diesen Bedarf zu decken, müsste der Hai mindestens 21 Kilogramm fettreichen Walblubber pro Tag oder gut 17 Kilo nahrhafte Haileber gefressen haben. „Bei Beutetieren von nur zwei bis drei Meter Länge hätte der Megalodon alle 1,3 Tage fressen müssen“, erklären die Forschenden. Realistischer sei es aber, dass er seltener und dafür größere Beute vertilgte. So hätte schon ein einziger acht Meter langer Wal als Beute ausgereicht, um den Megalodon für zwei Monate zu versorgen.

„Dies bedeutet, dass der Megalodon ein transozeanischer Super-Prädator war“, erklärt Seniorautorin Catalina Pimiento von der Universität Zürich. Der urzeitliche Riesenhai ernährte sich von den größten Meerestieren seiner Zeit und durchzog dabei wahrscheinlich alle Weltmeere. „Das Aussterben des Riesenhais hatte somit auch Auswirkungen auf die globale Nahrungskette“, sagt Pimiento. Als Megalodon verschwand, verloren die großen Wale ihren schlimmsten Fressfeind und konnten sich entsprechend ausbreiten. (Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.abm9424)

Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS), Universität Zürich

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