Genetik

microRNA-Mutation schuld an Schwerhörigkeit

Mausmodell liefert neuen Erklärungsansatz für die Entstehung der Krankheit

Münchener Wissenschaftler haben ein neues Mausmodell entwickelt, das in Zusammenhang mit Schwerhörigkeit gebracht werden kann. Anhand dieses Modells konnte nun erstmals gezeigt werden, dass die microRNA, eine neue Klasse von Genen, Einfluss auf dieses Krankheitsbild nimmt.

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Der entsprechende microRNA-Abschnitt beeinflusst bei der Maus wie auch beim Menschen die Produktion der Sinneshaarzellen im Innenohr, so die Forscher des Helmholtz Zentrums München in der aktuellen Online-Ausgabe von „Nature Genetics“. Damit ist ein wesentlicher Schritt für die Erforschung des weit verbreiteten Krankheitsbildes der Schwerhörigkeit gelungen, der neue Wege für therapeutische Ansätze eröffnen kann.

Das neue Mausmodell der Wissenschaftler um Professor Martin Hrabé de Angelis vom Institut für Experimentelle Genetik besitzt eine genetische Variante, bei der eine einzelne Base eines spezifischen microRNA-Abschnitts verändert ist. Mäuse, die diese miR-96-Veränderung in sich tragen, leiden mit zunehmendem Alter an Schwerhörigkeit. Tragen sie zwei dieser Varianten, sind ihre Sinneshaarzellen sogar von Geburt an geschädigt.

Mausmodell „Diminuendo“ liefert neue Erkenntnisse

Bislang war zwar schon eine Reihe von Genen bekannt, die in Zusammenhang mit Schwerhörigkeit stehen. „Wir waren aber sehr überrascht, als mit unserem Mausmodell nun diese neue Klasse von Genen, die microRNA, als genetische Ursache für dieses Krankheitsbild entdeckt wurde“, erklärt Dr. Helmut Fuchs, geistiger Vater des Mausmodells und wissenschaftlicher Leiter der German Mouse Clinic am Helmholtz Zentrum München.

Das neue Mausmodell heißt „Diminuendo“, benannt nach dem Fachbegriff aus der Musiklehre für „leiser werdend“, und wurde mit dem so genannten ENU-Verfahren gezüchtet. Dabei wird männlichen Mäusen Ethylnitrose-Harnstoff (ENU) verabreicht, der das Erbgut ihrer Spermien beeinflusst. Nachfolgegenerationen entwickeln daraufhin dominante oder rezessive Mutationen.

13 Millionen Deutsche leiden unter Schwerhörigkeit

Hrabé de Angelis und seine Kollegen können so in der German Mouse Clinic Mutanten erkennen, die ähnliche Krankheiten entwickeln wie Menschen. Das Diminuendo-Mausmodell stellten sie Kollegen vom Wellcome Trust Sanger Institute in Cambridge zur Verfügung, die anhand spezifischer Charakterisierungen letztendlich den Zusammenhang mit der miR-96-Mutation fanden.

Allein in Deutschland leiden Schätzungen von Experten zufolge rund 13 Millionen Menschen unter einer eingeschränkten Hörfähigkeit. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, sie reichen von der einfachen Altersschwerhörigkeit über Infektionen bis hin zu chronischen Lärmschädigungen. Schwerhörigkeit kann aber auch angeboren sein.

Bald neue Therapieansätze?

„Wir gehen davon aus, dass unser Mausmodell für die Entwicklung von Therapieansätzen gegen die genetisch bedingte Schwerhörigkeit beim Menschen zukünftig weitreichende Bedeutung haben wird“, erklärt Fuchs. Kollegen aus Spanien bestätigen seine Vermutung. Sie führten bereits erste Untersuchungen an Patienten durch, bei denen ebenfalls Schwerhörigkeit diagnostiziert wurde. Bei ihnen war der microRNA-Abschnitt Minr96 an derselben Stelle wie im Mausmodell verändert.

Mithilfe des Mausmodells hofft das internationale Forschungskonsortium nun, Faktoren zu identifizieren, die für ein langes Überleben von Haarzellen notwendig sind und damit neue Behandlungsansätze für Schwerhörigkeit zu finden.

(idw – Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, 21.04.2009 – DLO)

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