Ein internationales Forscherteam hat eine neue Form von Bakterien entdeckt, die selbst an den saubersten Plätzen der Erde überleben können. Die Wissenschaftler aus Deutschland und den USA konnten die Mikroorganismen in sogar zwei Reinräumen nachweisen, die zudem 4.000 Kilometer voneinander entfernt sind. Die Entdeckung zeigt, dass auch unter den unwahrscheinlichsten Bedingungen Leben existieren kann. Für die Suche nach außerirdischem Leben ist das in mehrfacher Hinsicht bedeutend.
Extreme Sicherheitsvorkehrungen gegen Kontamination
Sterile Reinräume dienen der NASA und der ESA beim Bau von Raumschiffen oder Raumsonden dazu, jegliche Form der Kontamination bei der Suche nach extraterrestrischem Leben im Vorfeld zu vermeiden. Die entsprechenden Räume werden dafür regelmäßig mit speziellen Chemikalien gereinigt und bei Überdruck gehalten. Ultraviolettes Licht und Hitzebehandlung werden dazu genutzt, um Objekte zu säubern, die in die Räumlichkeiten gelangen. Die Arbeiter müssen zudem Spezialanzüge tragen. „Es ist einer der saubersten Plätze auf Erden“, erklärt der Mikrobiologe Parag Vaishampayan vom NASA Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena, der an der neuen Entdeckung maßgeblich beteiligt war.
Allen Sicherheitsvorkehrungen zum Trotz finden sich aber immer wieder Mikroben in den Reinräumen. NASA und ESA nehmen regelmäßig Proben auf der Suche nach möglichen Verunreinigungen durch Bakterien. Dabei tauchen gelegentlich Bakterien auf, die bislang unbekannt waren: Während die Reinräume für andere Arten absolut lebensfeindlich sind, können sich diese Sonderlinge dort offenbar so stark vermehren, dass sie bei solchen Checks entdeckt werden.
Angepasst an Trockenheit, Nahrungsmangel, Desinfektionsmittel
Christine Moissl-Eichinger von der Universität Regensburg und ihre Kollegen aus den USA haben nun einen solchen Sonderling in gleich zwei Reinräumen aufgespürt. Das nur rund einen Mikrometer große, beerenförmige Bakterium Tersicoccus phoenicis hat sich demnach gut an die in den Reinräumen vorherrschenden extremen Umweltbedingungen – Trockenheit, Nahrungsmangel oder besondere Desinfektionsmittel – angepasst. „Wir sind uns aber derzeit noch nicht sicher, ob Tersicoccus phoenicis nur in Reinräumen zu finden ist, oder ob es auch woanders vorkommt und bislang einfach einer Entdeckung entkommen konnte“, so Moissl-Eichinger.
Immerhin ist Tersicoccus phoenicis die erste Mikrobe, die in gleich zwei unterschiedlichen und weit voneinander entfernten Reinräumen nachgewiesen werden. Die Forscher fanden die Mikroorganismen sowohl im Kennedy Space Center in Florida als auch im 4.000 Kilometer entfernten ESA-Raumfahrtzentrum in Kourou in Französisch-Guyana. Dem ersten Fundort verdankt das Bakterium auch seinen Beinamen „phoenicis“: In Florida war gerade die Raumsonde „Phoenix Mars Lander“ im Bau, als die Mikrobe dort entdeckt wurde. Genetische Analysen ergaben, dass es sich bei der Mikrobe nicht nur um eine bisher unbekannte Art handelt, sondern sogar um eine neue Gattung.
Wichtig für Suche nach außerirdischem Leben
Die Entdeckung von Tersicoccus phoenicis zeigt in jedem Falle, dass es selbst dort, wo eigentlich absolute Sterilität herrschen sollte, Lebensformen gibt. Diese Erkenntnis ist in zweierlei Hinsicht auch für die Raumfahrt und die Suche nach Leben wichtig: Zum einen bedeutet dies, dass sich außerirdisches Leben selbst dort finden lassen könnte, wo man es wegen lebensfeindlicher Bedingungen nicht vermuten würde. Zum anderen
können detaillierte Informationen über die in den Reinräumen vorkommenden Mikroben dabei helfen zu klären, ob man bei einem neuen Fund wirklich außerirdisches Leben vor sich hat oder lediglich Anzeichen auf blinde Passagiere von der Erde.
Die biochemische Analyse der Bakterien erfolgte in Kooperation mit Forschern vom Leibniz-Institut Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) in Braunschweig. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) wurde dort bereits eine eigene Sammlung für Raumfahrt-Mikroben aufgebaut.
(IJSEM, 2013; doi: 10.1099/ijs.0.047134-0)
(Universität Regensburg, 03.12.2013 – AKR)