Biologie

Mini-Krebs ist stärkstes Tier der Welt

Fluchtsprung der Copepoden ist zehnfach stärker als alles andere im Tierreich

Der Copepode Acartia tonsa © Thomas Kiørboe

Das stärkste Tier der Welt ist gerade einen Millimeter groß. Es ist der im Wasser lebende Ruderfußkrebs oder Copepode. Sein Fluchtsprung ist zehnfach stärker als alles bisher aus dem Tierreich Bekannte. Das Geheimnis des Riesensatzes vom Mini-Krebs haben jetzt dänische Forscher untersucht.

Copepoden sind Allerweltstiere: Die winzigen Krebse sind in fast jedem Wassertropfen auf unserem Planeten zu finden – egal ob im Süßwasser oder im Meer. Sie bilden die artenreichste Gruppe der Krebstiere und machen den größten Anteil im tierischen Zooplankton der Ozeane aus. Sogar im Grundwasser, tief unter der Erdoberfläche, finden sich Copepoden. Eines ihrer Erfolgsgeheimnisse steckt in ihrer Fortbewegung. Sind sie von Feinden bedroht, können sie einen „Turbo“ einschalten: Sie katapultieren sich mit einem starken Beinschlag komplett außer Reichweite –so schnell, dass kein Fressfeind hinterher kommt.

Zehnfach stärker als stärkste Tiere

„Der evolutionäre Erfolg der Copepoden steht in engem Bezug zu ihrer Fähigkeit, vor Prädatoren zu fliehen“, erklärt Thomas Kiørboe, Professor am Nationalinstitut für aquatische Ressourcen der Technischen Universität Dänemarks (DTU Aqua). „Ihr Fluchtsprung ist extrem kraftvoll und effektiv.“ Den Mechanismus dieses Fluchtsprungs haben die dänischen Forscher um Kiørboe jetzt untersucht. Die Wissenschaftler beobachteten die Minikrebse mit Hilfe von Hochgeschwindigkeits-Videoaufnahmen, die ihnen Details zur Sprungmechanik verrieten.

„Sie springen mit einer Rate von einem halben Meter pro Sekunde und das innerhalb von ein paar Tausendstel Sekunden“, so Kiørboe. „Das zeigt, dass Copepoden in Relation zu ihrer Größe – mehr als zehn Mal so stark sind, wie es bisher für irgendein Tier oder selbst menschengemachte Motoren dokumentiert ist.” Während bei den meisten anderen Tieren die maximal einsetzbare Kraft relativ konstant ist, übertreffen die kleinen Krebse diesen Wert um das Zehn- bis 30-fache.

Schwimmen mit Strudelorgan, Flucht mit Sprungbeinen

Die meisten Tierarten Arten nutzen für ihre Fortbewegung meist nur einen Bewegungsapparat, beispielweise die Vögel ihre Flügel oder die Pferde ihre Beine. Wegen des Risikos für eine „Materialermüdung“ durch Verschleiß gibt es bei diesen ständig gebrauchten Systemen eine Obergrenze der Kraftentfaltung. Copepoden dagegen besitzen zwei Mechanismen, die es ihnen erlauben, sich in dem bei ihrer geringen Größe sirupartig zäh wirkenden Wasser effektiv fortzubewegen:

Ihre zum Nahrung herbeistrudeln eingesetzten Filterorgane erzeugen einen konstanten Wasserstrom, der sie gleichzeitig stetig vorantreibt. Zusätzlich besitzen die Krebse vier bis fünf Paare von Schwimm- oder Sprungbeinen, die sie nur für die Flucht oder einen Angriff nutzen. Da diese selten und immer nur kurz eingesetzt werden, ist ihre Muskulatur auf kurze Pulse von enormer Kraft eingestellt.

Zwei Antriebe vermeiden „Materialermüdung“

„Der Copepode erlebt keinen Materialermüdung, da er zwei Systeme für die Bewegung zur Verfügung hat“, so Kiørboe. „Die Schwimmbeine, die er zum Springen einsetzt, sind sehr fein justiert und das hydrodynamische Design des Tieres ist für hohe Geschwindigkeiten optimiert, was den Fluchtsprung außerordentlich stark und schnell macht.” Die Weiterleitung von Nervensignalen zu den Beinen erfolgt für ein wirbelloses Tier ungewöhnlich schnell, weil auch die Physiologie der Nervenbahnen besonders an Schnelligkeit angepasst ist. Dadurch kann der Krebs nicht nur schnell springen, sondern auch besonders schnell reagieren.

(Technical University of Denmark (DTU), 17.05.2010 – NPO)

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