Paläontologie

Münchehagen: Raubsaurier-Fährten analysiert

Spuren zweier Dinosaurier geben Einblick in die Lebenswelt der frühen Kreidezeit

Falschfarbenbild und Realaufnhame eines der Dinosaurier-Fußabdrücke von Münchehagen. Der Abdruck stammt vom kleineren der beiden Raubsaurier. © Pernille Venø Troelsen

Urzeitlicher Strandspaziergang: Bei Hannover entdeckte Fußspuren zweier Raubsaurier eröffnen einen Blick in die frühe Kreidezeit. Denn eine dänische Biologin hat sich nun als Fährtenleserin betätigt und mehr über die beiden Dinosaurier und ihr Verhalten herausgefunden. Demnach handelte es sich um zwei verschieden große Raubsaurier, möglicherweise lief hier ein ausgewachsenes Tier mit einem Jungen entlang.

Dinosaurier hinterließen nicht nur ihre Fossilien, in vielen Gegenden der Welt finden sich auch konservierte Fußspuren dieser Urzeit-Echsen. Berühmt ist beispielsweise ein ganzer „Tanzboden“ von Fährten in Utah oder die größte Dinospur der Welt in Frankreich. Aber auch in Deutschland gibt es Fundorte von Saurierfährten, einer davon ist Münchehagen bei Hannover. Dort werden schon seit 200 Jahren immer wieder neue Fährten aus der frühen Kreidezeit entdeckt.

Zwei 142 Millionen Jahre alte Fährten in Münchehagen hat nun Pernille Venø Troelsen von der Universität von Süddänemark näher untersucht. „Als Biologin kann ich mit meinem Wissen zum Verhalten der einzelnen Tiere zu den Erkenntnissen beitragen“, erklärt sie. Die von ihr analysierten Spuren stammen von zwei zweibeinig laufenden Raubsauriern, deren Füße typische dreizehige Abdrücke hinterließen.

Wie die Forscherin erklärt, wurden diese Abdrücke der Gattung Megalosauripus zugeordnet. Bei dieser handelt es sich allerdings um einen Sammelbegriff, der verschiedene nur durch ihre Fährten bekannte dreizehige Raubsaurier umfasst. Ein Fossil dieser Art wurde bisher nicht gefunden.

So könnte der Megalosauripus ausgesehen haben. Allerdings kennt man bisher nur seine Fußspuren. © Pernille Venø Troelsen

Glitschiger Sand

Wie die Spuren verraten, waren die beiden Raubsaurier nicht gleich groß. Der größere der beiden hatte eine Beinlänge von rund 1,60 Metern, der kleinere nur 1,10 Meter lange Hinterbeine. Beide spazierten für Raubsaurier extrem gemächlich über den feuchten Sand, wie die Forscherin erklärt. Denn ihr Gehtempo lag bei 6,3 Kilometern pro Stunde für den Großen und 9,7 Kilometern pro Stunde für den Kleinen – angesichts der bis zu 40 Stundenkilometer, die ein solcher Raubsaurier schnell werden kann, ist das nicht viel.

Möglicherweise lag dies daran, dass der Strand glitschig war, vermutet die Biologin. Denn die Spuren verraten, dass die Dinosaurier einige Male ausrutschten. Dennoch setzten sie ihren ziemlich geraden Kurs unbeirrt fort. Der Kleinere könnte wegen seiner kürzeren Beine ein paar Mal losgetrottet sein, um den größeren wieder einzuholen – das würde sein etwas höheres Tempo erklären.

Elternteil mit seinem Jungen?

Der kleinere der beiden Raubsaurier hatte generell mehr Probleme, sein Gleichgewicht auf dem glitschigen Sand zu halten, wie die Spuren zeigen. Denn an einigen Stellen überkreuzten sich seine Beine beim Gehen. Nach Angaben von Venø Troelsen könnte dies mehrere Gründe gehabt haben: Vielleicht war der Wind so stark, dass das Tier häufig aus der Balance geriet und übertreten musste, um nicht auszurutschen. Oder aber es setzte alles daran, nah an seinem größeren Gefährten zu bleiben und lief deshalb ein wenig eierig.

„Wenn das der Fall war, dann könnten dies zwei sozial miteinander verbundene Tiere gewesen sein, vielleicht ein Elternteil mit seinem Jungen“, sagt Venø Troelsen. Von Fossilfunden ist bekannt, dass einige Raubsaurierarten gemeinsam jagten und in Familienverbänden zusammenlebten. Die ausgewachsenen Tiere kümmerten sich dabei häufig um ihren Nachwuchs, bis dieser halbwüchsig oder fast ganz ausgewachsen war.

Allein aus den Fährten lässt sich allerdings nicht ablesen, ob die beiden Raubsaurier tatsächlich gemeinsam über den Strand liefen. Denn die Datierung verrät nur, dass sie in etwa gleich alt sind. „Sie könnten auch Jahre auseinanderliegen, dann wäre es einfach Zufall, dass sie nebeneinander gefunden wurden“, sagt die Forscherin. Immerhin wurden gerade in dieser Gegend zahlreiche Dinosaurierfährten gefunden, was darauf hindeutet, dass dieser Strand in der Kreidezeit durchaus stark frequentiert wurde. (XIII Annual Meeting of the European Association of Vertebrate Paleontologists)

(University of Southern Denmark, 11.08.2015 – NPO)

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