Fatales Futter: Wenn Singvögel mit Pestiziden behandelte Samen fressen, beeinträchtigt dies ihr Zugverhalten – und schlimmstenfalls sogar ihr Überleben, wie eine Studie enthüllt. Demnach hemmt das Neonicotinoid Imidacloprid den Appetit der Vögel und verlängert ihre Rastdauer um mehrere Tage. Dadurch sind die Singvögel angreifbarer für Raubtiere, zudem kommen sie verspätet an ihrem Ziel an – und finden dann womöglich keinen Partner mehr, wie Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.
Pestizide gelten als eine der Ursachen für den dramatischen Rückgang der Insekten, aber auch der Feld- und Singvögel. Unter Verdacht stehen dabei vor allem die verbreitet eingesetzten Neonicotinoide, die an Rezeptoren im Nervensystem der Insekten binden. Trotzdem galten diese Mittel lange als ungefährlich für Bienen – was zahlreiche Studien inzwischen widerlegt haben. Drei dieser Wirkstoffe, darunter Imidacloprid, sind deshalb inzwischen in der EU für den Einsatz im Freiland verboten.

Wie gefährlich sind Neonicotinoide für Vögel?
Für Wirbeltiere galten die Neonicotinoide dagegen als wenig giftig. Doch schon im Juni 2019 weckte ein Massensterben von Singvögeln in Kalifornien daran massive Zweifel. Denn dort starben nach der Behandlung von Straßenbäumen mit Imidacloprid Dutzende Goldzeisige. Studien an Singvögeln in Gefangenschaft deuten zudem darauf hin, dass schon geringe Dosen dieses Neonicotinoids den Appetit und die Orientierung der Vögel massiv stören können.
Doch gilt dies auch für wilde Zugvögel, wenn diese beispielsweise auf einem gespritzten Feld rasten? Normalerweise nutzen Zugvögel solche Zugpausen zum Fressen und damit zum Aufstocken ihrer Fett- und Energiereserven. „Vor allem während des Frühjahrszuges sind Vögel daher besonders starker Neonicotinoid-Belastung ausgesetzt, weil zu dieser Zeit auch viele der mit Pestiziden behandelten Saaten ausgebracht werden“, erklären Margaret Eng von der University of Saskatchewan und ihre Kollegen.