Dinosaurier beherrschten nicht nur die oberirdische Lebenswelt ihrer Zeit – sie stießen sogar in den Untergrund vor, wie nun 99 Millionen Jahre alte Dino-Fossilien aus dem US-Bundesstaat Utah belegen. Sie stammen von einer kleinen pflanzenfressenden Dinosaurier-Art, die mehrere Anpassungen an eine grabende Lebensweise besaß, darunter große Füße und starke Beinmuskeln sowie ein besonders stabiles, versteiftes Becken. Auch die gute Erhaltung der Knochen spricht dafür, dass das Tier bei seinem Tod bereits unter der Erde war.
Dinosaurier dominierten Millionen Jahre lang die terrestrischen Ökosysteme und brachten dabei eine Vielzahl verschiedenster Formen und Baupläne hervor – vom winzigen Pflanzenfresser über gehörnte Panzerechsen bis zum gigantischen Raubtier. Doch ob die Urzeitechsen auch grabende, unterirdisch lebende Formen hervorbrachten, blieb lange unklar. Erst in den letzten Jahren haben Paläontologen einige wenige Dinosaurier-Fossilien entdeckt, die klare Anpassungen an eine grabende Lebensweise zeigen. Zudem hat sich mindesten eine zuvor als wasserlebend eingestufte Art, der Therizinosaurus, als grabender Höhlenbewohner entpuppt.
Überraschend intakte Fossilien
Jetzt haben Paläontologen um Haviv Avrahami vom North Carolina Museum of Natural Sciences eine weitere grabende Dinosaurier-Art entdeckt. Deren Relikte fanden sie in der 99 Millionen Jahre alten Mussentuchit-Gesteinsformation im US-Bundesstaat Utah. Diese feinkörnigen Ablagerungen stammen aus einem ausgedehnten Feuchtgebiet, das sich während der späten Kreidezeit zwischen dem großen Binnenmeer im Osten und dem Gebirge im Westen erstreckte.
In diesem Gestein stieß das Forschungsteam auf gleich mehrere überraschend gut erhaltene Fossilien einer neuen, nur etwa hundegroßen Dinosaurier-Art. „In Flussniederungen wie dem Mussentuchit wurden kleine Knochen meist schnell zerstreut, von Aasfressern zerbissen oder verrotteten“, erklärt Avrahami. „Aber diese Fossilien waren oft vollständig und die Knochen lagen meist noch in der ursprünglichen Position.“ Typischerweise ereilte der Tod diese Dinosaurier demnach auf dem Bauch liegend mit zur Seite gereckten Vorderbeinen.
Große Füße, kräftige Beine und versteifte Hüften
Nähere Analysen enthüllten weitere Auffälligkeiten der Fona herzogae getauften Dinosaurier-Art: Sie besaß vergrößerte Füße und sehr kräftige, stämmige Hinterbeine. An den Beinknochen sind zudem deutliche Ansatzstellen sehr starker Muskeln zu erkennen. Wie die Paläontologen erklären, könnte dies auf eine zumindest teilweise unterirdische Lebenswiese hindeuten, bei der dieser pflanzenfressende Dinosaurier vor allem seine Hinterbeine zum Graben nutzte – ähnlich den heutigen Kängururatten.
Dafür sprechen auch Veränderungen am Rumpf von Fona herzogae: „Darunter sind ausgedehnte Verschmelzungen mehrere Hüftkomponenten und eine Reihe miteinander fusionierter Kreuzbeinwirbel“, erklären die Paläontologen. „Beides könnte die Hüften des Tieres gegen die starken Torsionskräfte beim Graben versteift haben.“ Auch der ungewöhnlich gute Erhaltungszustand der Fossilien könnte auf die unterirdische Lebensweise zurückgehen: „Weil Fona bei seinem Tod schon unter der Erde war, erhöhte dies die Chancen für die Konservierung“, sagt Avrahami.
Indiz für grabende Lebensweise
Die neuentdeckte Dinosaurier-Art bestätigt damit, dass einige Kreidezeit Dinosaurier zumindest zeitweilig in unterirdischen Bauen lebten. „Fona herzogae gibt uns Einblick in die dritte Dimension der Dinosaurierwelt – den Untergrund“, sagt Avrahami. „Dies erweitert auch die bekannte Vielfalt der kleinen Pflanzenfresser, die unglaublich wichtige Bestandteile der kreidezeitlichen Ökosysteme waren – aber bisher nur wenig untersucht.“ Der Fund von Fona herzogae belegt zudem, dass diese zu den Thescelesaurinen gehörenden Dinosaurier schon zu Beginn der Kreidezeit in Nordamerika präsent waren.
„Wir wissen nun, dass es das Dinosaurier-Artenspektrum eine Fülle verschiedenster Formen umfasste, von kleinen, baumlebenden Gleitern über nachtaktive Jäger und große weidende Pflanzenfresser bis hin zu unterirdisch lebenden Höhlengräbern“, sagt Seniorautorin Linday Zanno von der North Carolina State University. (The Anatomical Record, 2024; doi: 10.1002/ar.25505)
Quelle: North Carolina State University