Zoologie

Neue Art des Dumbo-Oktopus beschrieben

Erstbeschreibung des Kopffüßers erfolgte nur mithilfe bildgebender Verfahren

Dumbo-Oktopus
Dieser Kaiserdumbo ist rund 30 Zentimeter lang und wurde im Nordpazifik in 4.000 Meter Wassertiefe entdeckt. © Alexander Ziegler

Ans Tageslicht geholt: Forscher haben im Pazifik vor Japan eine neue Art der seltenen Dumbo-Oktopusse entdeckt. Der „Kaiserdumbo“ getaufte Tiefsee-Bewohner unterscheidet sich unter anderem in seiner höheren Anzahl an Saugnäpfen und dem kürzeren zwischen den Armen gespannten Schirm von den bereits bekannten Arten. Die Erstbeschreibung der neuen Kopffüßer-Spezies erfolgte erstmals statt mit Skalpell nur mit bildgebenden Verfahren und Genanalysen.

Vor wenigen Jahren entdeckten Wissenschaftler im Pazifik in rund 4.000 Meter Tiefe ein seltenes, bis dahin unbekanntes Exemplar der Dumbo-Oktopusse (Grimpoteuthis). Die rund 30 Zentimeter großen Kopffüßer gehören zu den am tiefsten lebenden Oktopussen überhaupt. Unten am Meeresboden jagen sie nach Krebsen, Muscheln und Co. Ihren Namen haben die Tiefseejäger den auffallenden „Segelohren“ am Kopf zu verdanken, die auch schon die Neugeborenen besitzen.

Untersuchung mittels Mikro-CT und Kernspin

Die neue, seltene Spezies der Dumbo-Oktopusse haben nun Forscher um Alexander Ziegler von der Universität Bonn wissenschaftlich beschrieben. Üblicherweise werden die Exemplare für die Artbeschreibung seziert, um auch die inneren Organe zu identifizieren. Doch dabei werden Körperteile der Tiere oft verletzt oder ganz zerstört. „Da der Oktopus sehr wertvoll ist, suchten wir aber nach einem zerstörungsfreien Weg”, erklärte Ziegler.

Dazu erstellte das Forscherteam einen hochaufgelösten 3D-Scan mit einem Hochfeld-Magnetresonanztomographen (MRT), mit dem normalerweise menschliche Gehirne untersucht werden. Der Schnabel und die Raspelzunge des Kopffüßlers konnten mit dem MRT jedoch nicht abgebildet werden, da sie aus harten Chitin bestehen. Deshalb nutzten Ziegler und seine Kollegen dafür einen Mikro-Computertomografen. Für die Rekonstruktion der Verwandtschaftsverhältnisse entschlüsselten die Forscher zudem das Erbgut des Oktopusses mithilfe kleiner Gewebeproben.

Besondere Merkmale

Die Analysen lieferten tatsächlich ein präzises Bild von der neuen Krakenart und bestätigten, dass das untersuchte Exemplar ein ausgewachsenes Männchen eines Dumbo-Oktopus war. „Die DNA zeigte zweifelsfrei, dass es sich um eine Spezies der Gattung Grimpoteuthis handelt“, so Ziegler.

Das Besondere: Im Vergleich zu anderen Arten der Dumbo-Oktopusse, die meist 50 bis 60 Saugnäpfe besitzen, wiesen die Forscher bei der neuen Spezies bis zu 74 Saugnäpfe pro Arm nach. Und die Länge der Zirren – der kleinen Fortsätze auf den Armen, mit denen die Tiefseetiere vermutlich ihre Beute wahrnehmen – ist mit maximal drei Millimetern größer als bei den meisten der bekannten Dumbo-Oktopusarten.

Zudem zeigte sich, dass der zwischen den Armen gespannte Schirm, mit dem der Krake im Wasser nach unten schwebt und dabei Würmer und Krebse wie in einer Glocke einfängt, vom Mund aus nur knapp über die Hälfte der Arme reichte. „Bei Dumbo-Oktopusarten, die vor allem frei im Wasser schweben, ist der Schirm deutlich länger”, so Ziegler. Demnach lebt die neue Art hauptsächlich nah am Meeresboden, wo ein längerer Schirm bei Bewegungen am Grund hinderlich wäre.

Fundort machte ihn zum „Imperator“

Die Erstbeschreibung ermöglichte es den Wissenschaftlern nun die neue Krakenart zu taufen: Ziegler und seine Kollegen entschieden sich für den wissenschaftlichen Namen Grimpoteuthis imperator, „Kaiserdumbo”. Denn das untersuchte Tier wurde nicht weit entfernt von Japan in einem untermeerischen Gebirgszug entdeckt, dessen Gipfel nach japanischen Kaisern benannt sind.

Somit konnten die Wissenschaftler erstmals mittels einer kaum schädigenden Analyse eine Erstbeschreibung einer großen Tierart durchführen. „Mit hochauflösenden, nicht-invasiven Bildgebungssystemen wurden alle äußeren und inneren morphologischen Merkmale, die für die Identifizierung einer neuen Megafaunenart relevant sind, ermittelt“, betont das Forscherteam. „Unser zerstörungsfreier Ansatz könnte vor allem für seltene und wertvolle Tiere Schule machen”, vermutet Ziegler. (BMC Biology, doi: 10.1186/s12915-021-01000-9)

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

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