Eine internationale Forschergruppe hat auf der Suche nach den Ursachen für Autismus zwei neue Genabschnitte entdeckt, die bei der Entstehung der Krankheit eine wichtige Rolle spielen. Darunter eine Genregion auf dem Chromosom 11, sowie ein Gen, dass ein bestimmtes Nervenprotein kodiert.
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Das Autism Genome Project, ein Zusammenschluss von über 120 Forschern aus über 50 Forschungseinrichtungen in 19 Ländern hat sich zur Aufgabe gemacht, Gene, die an der Entstehung von Autismus beteiligt sind, zu identifizieren. Jetzt haben die Forscher die Ergebnisse des ersten Teils der weltweit größten Genom-Analyse in der Zeitschrift Nature Genetics veröffentlicht. Sie untersuchten mit Hilfe der Gen-Chiptechnologie über 1.100 Familien, in denen mindestens zwei Mitglieder an Autismus erkrankt sind, auf genetische Gemeinsamkeiten.
Neben Kopplungsanalysen nahmen die Wissenschaftler so genannte "copy number variations" unter die Lupe. Bei diesen handelt es sich um DNA-Abschnitte von zehntausend bis fünf Millionen Basenpaaren Länge, die in mehrfacher Ausführung im Genom vorliegen. Erst seit kurzem hat sich Erkenntnis durchgesetzt, dass auch die Variationen in dieser vermeintlich „überflüssigen“ DNA eine wichige Rolle für die Krankheitsetnstehung spielen könnte.
DNA-Region und Gen identifiziert
Die innovative Kombination dieser beiden Methoden hat jetzt zwei neue Genabschnitte enthüllt, die für Autismus entscheidend sein könnten: Eine bisher nicht näher identifizierte Region auf Chromosom 11, sowie das Gen für Neurexin 1. Neurexin ist ein Protein, das in Nervenzellen vorkommt und bei der Entwicklung von Synapsen, den Kontaktstellen zwischen Neuronen, von essentieller Bedeutung ist. Es interagiert mit Neuroligin, einem anderen synaptischen Protein, dessen Gen früher schon als Risikogen für Autismus in Betracht gezogen wurde.
Durch die Identifizierung des Neurexin-Gens rückt eine bestimmte Gruppe von Nervenzellen, die Glutamat-Neuronen, sowie die Gene, die deren Entwicklung steuern, in den Mittelpunkt der Untersuchungen. Diese Zellen könnten eine kritische Rolle bei der Entstehung von Autismus und der dadurch bedingten Störungen im Gehirn spielen. Der Untersuchungsansatz stützt sich auf ein Modell, bei dem eine fehlerhafte Nervenzellentwicklung und -verschaltung zu den Symptomen des Autismus führen.
Neue Ansätze zur Behandlung der Krankheit
Die Forscher sind überzeugt, dass die Aufdeckung der am Autismus beteiligten Gene neue Einblicke in die Entstehung der kognitiven Defizite bietet und so Diagnose und Behandlung der Krankheit verbessert werden können. Durch die große Anzahl an Familien, die von dem weltweiten Forscherverbund untersucht wurde, erhalten die Ergebnisse des Autism Genome Projects eine hohe statistische Aussagekraft.
Autismus ist eine genetisch bedingte Störung der Gehirnentwicklung, die sich durch eingeschränkte Sozialkontakte, verzögerte Sprachentwicklung und stereotype Verhaltensweisen bemerkbar macht. Die Krankheit ist zu mehr als 90 Prozent genetisch bedingt, wobei viermal mehr Jungen als Mädchen betroffen sind.
(Deutsches Krebsforschungszentrum, 22.02.2007 – NPO)