Diabetes ist keine reine Krankheit der Idustrieländer mehr, sie nimmt auch in den Schwellenländern zu – wo oft das Geld für eine adäquate Behandlung fehlt. Jetzt haben Forscher in einer deutsch- indischen Kooperation eine neue Methode entwickelt, mit der günstiger als bisher Insulin zur Behandlung von Diabetes hergestellt werden kann. Schlüssel dafür ist eine spezielle Hefesorte.
Weltweit sind 285 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Dabei ist die Zuckerkrankheit schon lange keine auf die Wohlstandsgesellschaft beschränkte Erkrankung mehr: Gerade Länder mit einer aufstrebenden Wirtschaft wie in Asien zeigen die höchsten Zuwachsraten. So ist Indien mit 50 Millionen Betroffenen das Land mit den meisten Diabetikern Für viele Menschen in ärmeren Ländern sind die Medikamente jedoch oft zu teuer. Die Beschaffung von Insulin scheitert in diesen Ländern an den Kosten. Ein weiteres Problem sind Patentrechte, die es für Jahrzehnte unmöglich machen, Medikamente nachzubauen und günstig zu vertreiben. Erst mit Ablauf eines Patents, wie jetzt bei der Herstellung von Insulin, können diese so genannten Generika billig hergestellt werden. Hier fehlt aber oft das „Insiderwissen“, um diese Medikamente auch in ärmeren Ländern herstellen zu können.
Bakterium oder Hefe als Bausteinlieferanten
Insulin war Anfang der 1980er Jahre das erste rekombinant hergestellte Medikament, das die amerikanische Zulassungsbehörde für Medikamente „FDA“ zur Anwendung beim Menschen zuließ. Heute erfolgt die Produktion von Insulin hauptsächlich über zwei Wege: Ein Vorläufer des Insulins wird in dem Bakterium Escherichia coli hergestellt und muss anschließend in aufwändiger Weise chemisch modifiziert werden. Der zweite Weg läuft über die bekannte Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae. Der Vorteil der letzteren Methode liegt darin, dass die Hefe das Vorläuferprotein direkt ins Medium abgibt und es somit nicht in einem weiteren Arbeitsschritt aus den Zellen isoliert werden muss.
Neue Hefesorte erhöht Ausbeute
Den gleichen Weg geht nun eine von Ursula Rinas und ihren Kollegen vom Helmholtz- Zentrum für
Infektionsforschung (HZI) beschriebene neue Methode. Die Forscher versuchten, die Ausbeute eines Insulin-Vorläufers mithilfe eines neuen Verfahrens zu erhöhen und damit die Kosten zu reduzieren. Sie stießen auf den Hefepilz Pichia pastoris und veränderten den Pilz so, dass er auf einem bestimmten Medium wachsend die Bausteine des Insulins produziert.
Das Ergebnis freute die Forscher: „Unser Verfahren mit Pichia pastoris liefert hohe Ertragsmengen – doppelt so hoch wie bisher bekannt“, sagt Ursula Rinas. „So lässt sich bereits mit wenigen Zellen eine große Menge des Insulin-Vorläufers herstellen.“ Nach der Gewinnung aus dem Medium folgt lediglich die enzymatische Fertigstellung. Das mit dieser Methode hergestellte Insulin ist normal anwendbar und entspricht dem menschlichen Insulin. Zurzeit arbeiten die Forscher daran, mit dem gleichen System einen Impfstoff gegen das Dengue-Fieber herzustellen.
Ergebnisse nicht patentiert
Ihre Ergebnisse veröffentlichte die Gruppe in dem freien Online- Wissenschaftsmagazin „Microbial Cell Factories“. Die Informationen sind damit für jeden zugänglich und unterliegen nicht dem Patentrecht. „Wie bereits bei dem alternativen Protokoll zur Herstellung eines Impfstoffes gegen Hepatitis B haben wir uns für diesen Weg entschieden und stellen unser Wissen allen zur Verfügung“, sagt Ursula Rinas vom HZI, die das Projekt auf deutscher Seite leitet. Damit bestehe ein Zugriff auf „Insider-Informationen“, der es ermögliche, günstig Medikamente herzustellen, die auch für Menschen in
ärmeren Ländern erschwinglich sind.
(Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 26.05.2010 – NPO)