Ein Forscherteam der Uni Würzburg hat im Gehirn einen neuen Signalweg entdeckt, der bei Entzündungen gegensteuert und den Schaden begrenzt. Die Wissenschaftler um den Neurologen Heinz Wiendl hoffen nun auf neue Therapien zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS).
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Wenn das Immunsystem aus Versehen den eigenen Körper angreift, sprechen Mediziner von Autoimmun-Krankheiten. Eine der bekanntesten davon ist die Multiple Sklerose, bei der die Immunabwehr das Zentrale Nervensystem attackiert. Die Forscher untersuchten in ihrer Studie das Molekül HLA-G, weil von ihm bekannt war, dass es das Immunsystem stark hemmen kann.
Inwieweit das Molekül aber im Zentralen Nervensystem eine Rolle spielt, war bislang nicht klar. HLA-G gehört zu den so genannten „nicht-klassischen Haupthistokompatibilitätsmolekülen“, die generell an der Regulation der Immunabwehr mitwirken.
Zu ihren Erkenntnissen gelangten die Wissenschaftler durch die Untersuchung von Hirnpräparaten von Patienten, die vor ihrem Tod an Multipler Sklerose oder anderen Erkrankungen des Zentralnervensystems, wie Hirnhautentzündungen oder der Alzheimer-Krankheit, gelitten hatten. Sie verwendeten zudem Mikrogliazellen in Zellkultur und untersuchten die Gehirnflüssigkeit von Patienten mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen, vor allem Multipler Sklerose.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass HLA-G im Gehirn unter krankhaften Bedingungen – etwa bei einer Infektion oder einer Entzündung – vermehrt hergestellt wird und dann das Immunsystem hemmt. Sie entdeckten auch den Partner, an den das schützende Molekül bindet (den so genannten Rezeptor ILT-2), um seine Wirkung zu entfalten. Wie die Forscher in der Zeitschrift „Brain“ berichten, könnte dieser Signalweg ein möglicher neuer Angriffspunkt bei der Therapie der Multiplen Sklerose sein.
Nach Angaben der Forscher stellt HLA-G einen grundlegenden Mechanismus der Immunregulation im Zentralen Nervensystem dar. Sie nehmen an, dass dieser Signalweg bei Gefahr oder im Falle einer Aktivierung der Immunabwehr hochreguliert wird, um das Gehirn vor einer überschießenden Entzündung zu schützen.
(idw – Universität Würzburg, 06.09.2005 – DLO)