Zoologie

Neue Schlangenfamilie identifiziert

Zu den „Micrelapidae“ gehören gerade einmal drei Arten

Micrelaps-Schlange
Die Gattung der Micrelaps-Schlangen hat sich nie wirklich in eine der bereits vorhandenen Schlangenfamilien einordnen lassen – bis heute. © David David

Familienzuwachs: Wissenschaftler haben eine neue Schlangenfamilie identifiziert – ein in der Taxonomie seltenes Ereignis. Die neue Familie trägt den Namen „Micrelapidae“ und umfasst drei Arten aus Afrika und dem Nahen Osten. Sie heben sich sowohl genetisch als auch hinsichtlich ihrer Schädelmerkmale deutlich von den anderen Schlangengruppen ab. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich die Micrelapidae bereits vor 50 Millionen Jahren vom evolutionären Stammbaum der Schlangen abgespalten haben.

Auf der Erde gibt es unzählige Arten, vom Gänseblümchen über den Rotfuchs bis hin zum Habicht. Um Ordnung in diese Fülle des Lebens zu bringen, klassifizieren Biologen jedes Lebewesen mithilfe einer taxonomischen Nomenklatur. So gehören wir als Homo sapiens etwa zur Gattung Homo, die wiederum zur Familie der Menschenaffen zählt, die wiederum der Ordnung der Primaten angehört, und so weiter. Man könnte meinen, die Welt wäre so gut erforscht, dass jedes Lebewesen seinen festen Platz im Kategoriensystem hat, doch manche fallen gewissermaßen durchs Raster.

Sonderlinge im Schlangenreich

So erging es lange Zeit auch der Schlangengattung „Micrelaps“ – kleinen Giftschlangen, die meist mit schwarzen und gelben Ringen gemustert sind. Im Laufe der Zeit sind sie von einer Schlangenfamilie in die nächste verschoben worden und wollten doch nie so recht passen. Anfangs ging man davon aus, dass sie der Familie der Nattern (Colubridae) angehören. DNA-Tests führten allerdings dazu, dass sie stattdessen in die Überfamilie der Elapoidea eingeordnet wurden, zu der auch Giftnattern und Erdvipern gehören. Doch wirklich zufrieden waren die Schlangenforscher auch mit der neuen Einordnung nicht.

Forschende um Sunandan Das von der Universität Helsinki haben sich dem Rätsel der Micrelaps-Sonderlinge deshalb nun nochmal angenommen und nach einer passenden Familie für sie gesucht. Dafür arbeiteten die Wissenschaftler mit Mikro-Computertomografie, mit deren Hilfe sie die Schädelmerkmale der Micrelaps-Schlangen mit denen anderer Schlangengruppen vergleichen konnten. Außerdem führte das Team umfassende DNA-Tests durch. Der Fokus lag dabei auf rund 4.500 ultrakonservierten Elementen, also Regionen im Genom, die sich erst nach Millionen von Jahren verändern. Auf diese Weise lässt sich die genetische Zugehörigkeit evolutionärer Gruppen bestimmen.

Eine neue Familie

Das Ergebnis: „In Micrelaps entdeckten wir einige einzigartige genomische Elemente, die in keiner der anderen Gruppen zu finden waren“, berichtet Das‘ Kollege Shai Meiri. Dass die kleinen Giftschlangen in keine der bekannten Schlangenfamilien passen, liegt den Wissenschaftlern zufolge daran, dass sie in Wirklichkeit zu einer eigenen, bisher unbekannten Familie gehören. Das Forschungsteam hat ihr den Namen „Micrelapidae“ gegeben. „Die Entdeckung einer neuen Familie ist ein seltenes Ereignis in der modernen Wissenschaft“, ordnet Meiri ein.

Den Genomanalysen zufolge haben sich die Micrelapidae bereits vor rund 50 Millionen Jahren vom evolutionären Stammbaum der Schlangen abgespalten und sich separat entwickelt. Doch die neu identifizierte Familie ist nicht nur ziemlich alt, sondern auch klein. Ihr gehören gerade einmal drei Arten an, wobei nur zwei aus der Gattung Micrelaps stammen. Die dritte im Bunde ist die Art Brachyophis revoili. Das und sein Team haben sie ebenfalls der neuen Familie zugeordnet, weil ihr Schädel viele Gemeinsamkeiten mit dem der Micrelaps-Schlangen aufweist, darunter gerillte Reißzähne unterhalb der Augenhöhle.

Die Wissenschaftler vermuten, dass die Micrelapidae ursprünglich aus Afrika stammen. Auch heute leben noch zwei der drei Arten in Ostafrika, genauer gesagt in Kenia und Tansania. Die dritte ist in Israel und angrenzenden Regionen wie Nordjordanien und Südsyrien heimisch. (Molecular Phylogenetics and Evolution, 2023; doi: 10.1016/j.ympev.2022.107700

Quelle: Tel Aviv University

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