Blick in die Vergangenheit: Auf der schottischen Isle of Skye haben Paläontologen eine neue Flugsaurierart entdeckt. Der Pterosaurier Ceoptera evansae lebte vor rund 167 Millionen Jahren und hatte eine Flügelspannweite von 1,60 Metern. Er stammt aus einer Zeit, aus der bislang kaum Flugsaurier-Fossilien bekannt waren. Ceoptera könnte daher nun helfen, einige Geheimnisse der Pterosaurier-Evolution zu lüften, so die Forschenden.
Flug- beziehungsweise Pterosaurier waren die ersten Wirbeltiere, die sich in die Lüfte erhoben. Sie gehörten zwar zur Gruppe der Reptilien, waren aber keine Dinosaurier. Die ersten Pterosaurier eroberten den Himmel wahrscheinlich in der späten Trias vor rund 215 Millionen Jahren. Bis zu ihrem Aussterben am Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren hatten sie sich zu wahren Giganten der Lüfte mit einer Flügelspannweite von bis zu zwölf Metern entwickelt.
Große Lücken erschweren Rekonstruktion
Doch über die Zeit zwischen Anfang und Ende der Flugsaurier-Ära ist aufgrund mangelnder Fossilien bislang nur wenig bekannt. Besondere Fossilienknappheit herrscht in einem rund 20 Millionen Jahre langen Intervall zwischen frühem und mittlerem Jura. Auf der schottischen Isle of Skye haben Paläontologen um Elizabeth Martin-Silverstone von der University of Bristol nun jedoch eine bislang unbekannte Flugsaurier-Art aus genau dieser Zeit gefunden, die mehr über das Intervall verraten könnte.
Der auf Skye entdeckte Pterosaurier lebte vor 168 bis 166 Millionen Jahren und hat der Nachwelt Teile seiner Schulterknochen, Flügel und Beine sowie mehrere Wirbel hinterlassen. Alle Versuche, die fragilen Knochen aus den wuchtigen Felsblöcken zu lösen, in denen sie derzeit stecken, schlugen jedoch fehl. Deshalb mussten Martin-Silverstone und ihr Team bei der Untersuchung des Teilskeletts zusätzlich auf CT-Scans setzen, um auch das Innere der Blöcke zu durchleuchten.
Ein schottischer Nebelflügel
Der neue Flugsaurier trägt den Namen Ceoptera evansae, wobei der Gattungsname Ceoptera so viel wie Nebelflügel bedeutet. Der Name ist eine Anspielung auf die gälische Bezeichnung der Isle of Skye als Nebelinsel (Eilean a‘ Cheò). Zu Lebzeiten hatte das fliegende Reptil wahrscheinlich eine Flügelspannweite von rund 1,60 Metern, wie die Paläontologen berichten.
Martin-Silverstone und ihre Kollegen ordnen Ceoptera der umstrittenen Gruppe der Darwinoptera zu, die als möglicher Vorläufer der Kurzschwanzflugsaurier (Pterodactyloidea) gilt. Ihnen gehörten auch einige Riesen der späten Kreidezeit an, darunter Quetzalcoatlus.
Flugsaurier-Evolution verlief komplexer als gedacht
Dass Ceoptera ausgerechnet in Schottland gefunden wurde, überraschte die Paläontologen allerdings. Denn die Gruppe der Darwinoptera war bislang lediglich aus Ostasien bekannt. Der Fund eines schottischen Gruppenmitglieds könnte nun jedoch dafür sprechen, dass die Darwinoptera deutlich vielfältiger und weiter verbreitet waren als angenommen. „Darwinoptera existierten mindestens 25 Millionen Jahre lang und kamen in diesem Zeitraum nahezu weltweit vor“, berichten Martin-Silverstone und ihr Team.
Auch in Hinblick auf Pterosaurier als Ganzes eröffnet Ceoptera nun neue Perspektiven. Sein Fund deutet zum Beispiel daraufhin, dass die frühe Geschichte dieser Saurier komplexer verlaufen ist als bisher angenommen, so die Paläontologen. Auch war diese Tiergruppe wahrscheinlich schon in ihren Anfangsjahren vielfältiger als gedacht.
„In krassem Gegensatz zu den spärlichen Fossilienfunden erreichten die Pterosaurier im mittleren Jura eindeutig eine relativ große taxonomische, morphologische und vermutlich auch ökologische Vielfalt“, so die Forschenden. Wahrscheinlich eröffneten sich den Reptilien durch die Entwicklung des Fluges auf einmal viele zuvor unbesetzte Nischen. (Journal of Vertebrate Paleontology, 2024; doi: 10.1080/02724634.2023.2298741)
Quelle: University of Bristol