Viele Medikamente zur Therapie von Herzinfarkt und Schlaganfall zeigen unerwünschte Nebenwirkungen und können beispielsweise das Blutungsrisiko deutlich erhöhen. Doch damit könnte schon bald Schluss sein. Denn Würzburger Wissenschaftler haben jetzt einen bisher in Blutplättchen unbekannten Mechanismus entdeckt, der bei gleicher Wirkung weniger Nebenwirkungen verspricht.
Die Forscher um Professor Dr. Bernhard Nieswandt vom Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg berichten über ihre Ergebnisse in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Experimental Medicine“.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den größten Gesundheitsproblemen der westlichen Gesellschaft. Eine Ursache der Erkrankungen sind Durchblutungsstörungen, die zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen können. Diese treten auf, wenn Blutgefäße durch einen Blutpfropf verstopft werden. Ein solcher Blutpfropf entsteht an beschädigten Gefäßwänden durch die Anlagerung von Blutplättchen. Kommen sie an eine beschädigte Stelle, so werden sie von der Gefäßwand aktiviert und verändern ihre Form so, dass sie sich aneinander und an der Wand des Blutgefäßes festkleben können.
Ist der Blutpfropf so groß, dass er das gesamte Gefäß verschließt, kann das Gewebe nicht mehr durchblutet werden. Besonders tragisch ist das im Herzen, Gehirn oder der Lunge. Es kommt zum Herzinfarkt, Schlaganfall und oder einer Lungenembolie.
Protein STIM1 mit wichtiger Rolle bei der Verklumpung
Das bisher unlösbare Problem: Jedes Medikament, das die gefährlichen Durchblutungsstörungen verhindert, beeinflusst auch immer die normale Blutstillung. Die ist aber lebenswichtig, um uns bei Verletzungen vor einem unkontrollierten Blutverlust zu schützen. Im schwersten Fall können innere Blutungen auftreten. Besonders stark wirksame Medikamente werden daher nur unter intensiver Betreuung verabreicht. Die Ursache für das Phänomen: Die normale Blutstillung wird über den gleichen Mechanismus gesteuert wie die krankhafte Ausbildung eines Blutpfropfs. Das glaubte man zumindest bisher.
Die Ergebnisse der Würzburger Wissenschaftler um Nieswandt weisen allerdings darauf hin, dass beide Wege doch getrennt sein könnten. Sollte das der Fall sein, so wäre eine gezieltere Therapie mit weniger Nebenwirkungen denkbar. In vorhergehenden Studien hatten sie bereits ein Protein namens STIM1 ausfindig gemacht, das für die Verklumpung der Blutplättchen eine Schlüsselrolle zu haben scheint.
Überraschende Ergebnisse
Schaltet man das Gen für STIM1 nun in Mäusen aus, so bestätigen sich die Ergebnisse auch im lebenden Organismus: Die Mäuse bilden keinen stabilen Blutpfropf. Die Blutstillung dagegen ist zwar verzögert, aber ansonsten nicht beeinflusst.
Das Ergebnis ist für die Forscher eine Überraschung. Untersuchungen, die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Neurologischen Klinik um Professor Dr. Guido Stoll mit Hilfe der Magnetresonanztomographie durchgeführt wurden, zeigen außerdem, dass die Mäuse gegen Schlaganfall geschützt sind, und gleichzeitig keine erhöhte Gefahr von Gehirnblutungen aufweisen. Wie ist das zu erklären?
Bald bessere Medikamente gegen Herzinfarkt und Schlaganfall?
„Es scheint doch noch alternative Wege zu geben in der Blutstillung, von denen wir bisher nichts wussten. STIM1 scheint enorm wichtig zu sein für die krankhafte Ausbildung eines Blutpfropfs, aber weniger für die normale“, folgert Nieswandt. Und sollten die Wege tatsächlich getrennt sein, so könne das der Schlüssel zu besseren Medikamenten gegen Herzinfarkt und Schlaganfall sein.
(idw – Rudolf-Virchow-Zentrum, 18.06.2008 – DLO)