Multisensorisches Lernen: Schon vor gut 100 Jahren stellte Maria Montessori fest, dass Kinder besser schreiben lernen, wenn sie Buchstaben zuvor mit dem Finger nachfahren. Jetzt zeigen zwei Studien, dass dieses haptische Lernprinzip sogar bei abstrakten Inhalten wirkt: Sowohl in der Mathematik wie in der Astronomie lassen sich Lernerfolge mit dieser Methode verbessern. Der Grund dafür könnte tief in unserer Evolution liegen, wie die Forscher erklären.
Schon länger gehen Neurowissenschaftler davon aus, dass wir Menschen besser lernen, wenn mehrere Sinne daran beteiligt sind. So können Bilder beispielsweise gehörte Vokabeln fester im Gehirn verankern und auch Gesten unterstützten das Abspeichern neuer Informationen. Eine Variante dieses bewegungsgestützten Lernens nutzt auch die Montessori-Pädagogik: Kinder nutzen dabei intensiv ihre Finger, um beispielsweise raue Buchstaben oder Zahlen nachzufahren und sich so ihre Form einzuprägen.

Finger-Tracing im Matheunterricht
Warum diese haptische Lerntechnik hilft und ob sie auch bei abstrakteren Lerninhalten funktioniert, hat ein Team um Paul Ginns von der University of Sydney näher untersucht. In der ersten Studie lernten 93 Schulkinder der 4. und 5. Klasse im Mathematikunterreicht die Winkelberechnung in Dreiecken. Ein Teil der Kinder wurde aufgefordert, die verschiedenen Winkel im Dreieck mit dem Finger nachzufahren, während sie Erklärungen lauschten und die Aufgaben gestellt bekamen.
Eine zweite Kindergruppe tat dies auch und sollte sich zusätzlich danach mit geschlossenen Augen nochmal das Tracing vergegenwärtigen. Die dritte Gruppe diente als Kontrolle und lernte klassisch – ohne Beteiligung der Hände oder Finger. Nach der Übungsphase wurden alle Schulkinder mit standardisierten Aufgaben auf ihren Lernerfolg hin getestet. Außerdem beobachteten Lehrer und Forschende schon während des Lernens, wie schnell die Kinder Fortschritte machten.