ADHS ist die am weitesten verbreitete psychische Störung bei Kindern und jugendlichen. Bei einem Teil der Betroffenen bleibt die Aufmerksamkeitsstörung auch im Erwachsenenalter erhalten. Zwar gibt es inzwischen medikamentöse Behandungen, doch diese haben Nebenwirkungen. Jetzt haben Wissenschaftler erneut untersucht, ob eine Therapie mittels Neurofeedback wirksam sein könnte.
Drei bis zehn Prozent aller Kinder sollen heute unter einer Aufmerksamkeitsdefizits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden. Sie äußert sich durch große Impulsivität, eine gestörte Fähigkeit, länger Aufmerksam zu bleiben und häufig auch Hyperaktivität. Behandelt wird meist mit einer Mischung aus Psychotherapie, gezielen Konzentrationstrainings sowie bei schweren Fällen Medikamenten wie Ritalin. Doch das ist umstritten. Entsprechend stark ist das Interesse an anderen Behandlungsmöglichkeiten.
In einer Studie der niederländischen Forschungseinrichtung „Brainclinics“, die in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „EEG and Clinical Neuroscience“ erschienen ist, haben Forscher des Instituts für Medizinische Psychologie der Universität Tübingen gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Nijmegen eine Meta-Analyse aller 15 bisher veröffentlichten Studien zum Neurofeedback bei ADHS durchgeführt.
Neurofeedback, auch EEG-Biofeedback genannt, ist eine Methode, mit der die Aktivität des Gehirns beeinflusst werden kann, um neurologische oder psychische Störungen zu behandeln. Es ermöglicht in Echtzeit die Rückmeldung von Hirnaktivität, die in der Regel mit dem Elektroenzephalogramm (EEG)
gemessen wird. Ziel des Neurofeedbacks ist, dass Patienten lernen, Aktivität des Gehirns zu unterdrücken oder herzustellen, die mit der Pathophysiologie ihrer Erkrankung einhergehen.
Die Behandlungsmethode wurde ursprünglich bei Epilepsien eingesetzt und seit 1976 auch bei Patienten mit ADHS erprobt. Heute kommt sie bei einer Vielzahl von Störungen zur Anwendung. Der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit von Neurofeedback war bisher jedoch nicht hinreichend erbracht.
Jetzt ergab die Analyse der Studien, dass Neurofeedback große und klinisch signifikante Effekte auf die Kernsymptome Impulsivität und Unaufmerksamkeit hat. Im Hinblick auf das Kernsymptom Hyperaktivität konnten mittlere Effekte nachgewiesen werden.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie beziehen sich allersdings nur auf die Behandlung von ADHS. Untersuchungen, ob Neurofeedback auch bei anderen Störungen wirksam ist, müssen separat durchgeführt werden. Eine Meta- Analyse zur Wirkung des Neurofeedbacks bei Epilepsie, die in derselben Ausgabe von „Clinical EEG and Neuroscience“ publiziert ist, ergab ebenfalls den Nachweis einer klinischen Wirksamkeit. Für andere Erkrankungen stehen derartige Analysen aber noch aus.
(Universität Tübingen, 17.07.2009 – NPO)