Der Niedermoorboden wird heute in Berlin anlässlich des Welttags des Bodens zum „Boden des Jahres 2012“ gekürt. Er folgt damit auf den Auenboden (2011), die Stadtböden (2010), die Kalkmarsch (2009), die Braunerde (2008), den Podsol (2007), die Fahlerde (2006) und die Schwarzerde (2005).
Böden sind neben Wasser und Luft unsere wichtigste Lebensgrundlage. Sie stellen eine begrenzte Ressource dar, die es sorgfältig zu nutzen und schützen gilt. Die Wahl zum Boden des Jahres soll dazu beitragen, die Bedeutung der Böden als wichtige Lebensgrundlage stärker im Bewusstsein der Menschen zu verankern. Im Rahmen der Aktion werden Böden bekannt gemacht, die besonders interessant und/oder besonders gefährdet sind.
Nieren der Landschaft
Man nennt sie auch die Nieren der Landschaft. Moore sind bedeutende Stoff- und Wasserspeicher. In Zeiten des Klimawandels rückt ein weiterer Aspekt der Moore in den Mittelpunkt, ihre Fähigkeit Kohlendioxid zu speichern. Moore umfassen drei Prozent des globalen Festlandes, speichern aber 20 bis 30 Prozent der gesamten Kohlenstoffvorräte aller Böden. Das entspricht 40 bis 60 Prozent des CO2-Gehaltes der gesamten Atmosphäre.
Niedermoore werden im Gegensatz zu Hochmooren durch mineralreiches Grundwasser gespeist. Hochmoore entstehen durch Regenwasser, es gibt sie nur dort, wo die Niederschlagsmenge größer ist als die Verdunstung. Vor allem im nordostdeutschen Tiefland gab es einst eine Vielzahl von Niedermooren, sie säumten Flüsse und Seen. Davon sind nur noch weniger als fünf Prozent in ihrem ursprünglichen Zustand vorhanden. Sie wurden entwässert, um landwirtschaftliche Nutzfläche zu gewinnen, der Torf diente jahrhundertelang als Brennstoff. Dadurch verschwanden auch viele Tier- und Pflanzenarten und angrenzende Gewässer wurden in Mitleidenschaft gezogen.
Wiederbewässerung reicht nicht
Aber die Moore einfach wieder zu bewässern, damit ist es nicht getan. „Jahrzehntelange Trockenlegung in Verbindung mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung hat zu irreversiblen chemischen und physikalischen Änderungen der oberen Bodenschicht geführt“, sagt Jörg Gelbrecht vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin.
Die Forscher haben herausgefunden, dass sich durch den Sauerstoff, der beim Trockenlegen an den Torf gelangt, organische Nährstoffe in anorganische umwandeln, die leichter ausgewaschen werden. Beim Wiedervernässen der Moore können so mineralischer Phosphor und Stickstoff in angrenzende Gewässer gelangen und diese belasten.
Wasserbüffel für die Moore?
Die Forscher suchen nach Methoden, um dies zu verhindern. Ein möglicher Weg ist es, die oberste mineralisierte Torfschicht abzutragen und erst dann mit dem Wiedervernässen zu beginnen. Wo das nicht möglich ist, könnten auf wiedervernässten Mooren auch Wasserbüffel gehalten werden und somit eine ökologische Landwirtschaft ermöglichen, so die Wissenschaftler. Sie entziehen Nährstoffe durch die Nahrungsaufnahme und tragen zu einer größeren Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt auf solchen Mooren bei.
Revitalisierte Moore beginnen zwar sofort Kohlendioxid zu speichern, durch den erneuten Sauerstoffabschluss kann sich aus verrottenden Pflanzenresten nach Angaben der Forscher jedoch das klimaschädliche Methangas bilden. In welchem Maß das geschieht, hängt nach ihren Erkenntnissen auch von den Pflanzenarten und deren stofflicher Zusammensetzung ab.
Revitalisierte Moorlandschaften als Ökosystemdienstleister
„Wenn wir genau wissen, welche Pflanzen am wenigsten Methan freisetzen, könnten diese in revitalisierten Mooren gezielt angesiedelt werden“, so Gelbrecht. Von der Vorstellung, auf diese Weise eine ursprüngliche Moorlandschaft zu erhalten, müsse man sich aber verabschieden. „Moore brauchen mehrere Jahrzehnte, um einen Zustand zu erreichen, der ihrem ursprünglichen Status entspricht“, so der Forscher.
Trotzdem leisten auch die revitalisierten Moorlandschaften den Wissenschaftlern zufolge schon nach wenigen Jahren bereits ganz konkrete Ökosystemdienstleistungen für die Landschaft und den Menschen: Sie halten Gewässer sauber, indem sie schädliches Nitrat aus angrenzenden Ackerflächen zurückhalten und schonen das Klima durch das Speichern von Kohlendoxid. Gemeinsam mit Kooperationspartnern wollen die Forscher deshalb ausrechnen, wie viel ein intaktes Moor im wahrsten Sinne des Wortes wert ist. Auf eines weist der Forscher noch dringend hin: „Man sollte für seinen Garten keinen Torf kaufen. Dieser stammt oft aus Osteuropa und trägt dort zur Zerstörung der Moore bei.“
(Forschungsverbund Berlin / Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, 05.12.2011 – DLO)