Orang-Utans nutzen einen akustischen Trick, um Raubtiere zu täuschen: Sie stopfen sich Blätter in den Mund und stoßen dann ihre Warnrufe aus. Dadurch klingen die Rufe tiefer und scheinen von größeren Affen zu kommen als in Wirklichkeit. Das berichten niederländische Forscher in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“.
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Bisher galten die Warn- und sonstigen Rufe von Menschenaffen meist als Reflex. Statt eines bewusst ausgestoßenen Signals sollte es sich nur um eine quasi automatisch per Instinkt ausgelöste Lautäußerung handeln. Doch Wissenschaftler der Universität von Utrecht in den Niederlanden haben nun im Regenwald Indonesiens Orang-Utans bei einem Verhalten beobachtet, dass sehr wohl auf bewusstes Handeln hindeutet.
Warnruf signalisiert Angreifer seine Entdeckung
Wenn ein Orang-Utan einen menschlichen Beobachter, einen Leoparden oder eine ihm gefährliche Schlange sieht, presst er seine Lippen zusammen und erzeugt einen spezifischen Warnlaut. Dieser signalisiert den Artgenossen die Gefahr, warnt aber auch den potenziellen Angreifer, dass er gesehen wurde. In ihren Feldstudien beobachteten die Verhaltensbiologin Madeleine Hardus und ihre Kollegen, dass einige Affen offenbar gelernt hatten, wie sie den Klang der Warnrufe gezielt verändern können.
Blätter lassen Stimme tiefer erscheinen
Wenn sie sich in großer Gefahr glaubten, griffen die Affen einen Zweig, streiften die Blätter ab und hielten sich diese während des Rufens vor den Mund. Dadurch veränderten sie die Tonhöhe ihrer Warnschreie, sie klangen um das Vierfache tiefer, wie die Forscher feststellten. Da größere Tiere normalerweise auch einen tieferen Ruf besitzen, könnte dieses Verhalten nach Ansicht der Wissenschaftler dazu dienen, die Prädatoren abzuschrecken.
Verhalten erlernt und weiter gegeben
In jedem Falle zeigt die Studie, dass Orang-Utans die Laute, die sie äußern, sehr wohl kontrollieren können. Offenbar hatten einige Affen diesen Trick einmal entdeckt und ihn dann innerhalb der Population weiter gegeben. Dieses Verhalten liefert zudem einen neuen Impuls für die Erforschung der kulturellen Entwicklung bei Affen aber auch für die menschliche und frühmenschliche Sprachentwicklung. „Jahrelang wurde die Fähigkeit der Menschenaffen zu kommunizieren unterschätzt“, so Hardus. „Diese Ergebnisse eröffnen neue Wege für die Erforschung der Evolution von Sprache.“
(Universität Utrecht, 10.08.2009 – NPO)