Botanik

Orchideen: Urzeitlicher Pollen im Bernstein

50 Millionen Jahre altes Fossil ist ältester Beleg für die Existenz der Pflanzen

Bestäuber im Bernstein: Am Hinterbein dieser Trauermücke fanden die Forscher Orchideenpollen. © George Poinar/ Oregon State University

Exotische Schönheiten: Orchideen gedeihen bereits seit 50 Millionen Jahren auf unserem Planeten. Das belegt nun ein neu entdecktes Bernsteinfossil. Forscher fanden darin nicht nur ein konserviertes Insekt – sondern an dessen Hinterbein auch Pollenreste einer ausgestorbenen Orchideenart. Das Fossil ist damit der älteste Beleg für die Existenz der Blumen und ein wichtiges Puzzlestück, um die Evolution dieser ungewöhnlich artenreichen Pflanzenfamilie zu verstehen.

Schon Darwin gab sich als Liebhaber von Orchideen zu erkennen und auch heute sind die exotischen Schönheiten bei vielen Pflanzenfreunden beliebt. Ob groß oder klein, ob einfarbig oder fein gemustert: Sich für seinen Favoriten unter diesen „Königinnen der Blumen“ zu entscheiden, fällt dabei gar nicht so leicht. Schließlich ist die Orchideenfamilie mit rund 28.000 bekannten Arten ungewöhnlich vielfältig.

Der Artenreichtum der Orchideen hat sich im Laufe einer langen Evolutionsgeschichte herausgebildet. Doch Forscher beginnen diese Geschichte erst langsam zu verstehen: „Bis vor einigen Jahren wussten wir praktisch nichts über urzeitliche Orchideen, weil es keine erhaltenen Fossilien gab“, sagt George Poinar von der Oregon State University in Corvallis. Jüngst zeigte ein Fund aus der Dominkanischen Republik jedoch, dass die Pflanzen seit mindestens 20 bis 30 Millionen Jahren auf unserem Planeten gedeihen.

Orchideen sind heute erstaunlich artenreich. © Wolfgang Apel/ Orchi/ Phyzome/ CC-by-sa 3.0

Pollen im Bernstein

Eine neue Entdeckung datiert die Anfänge der Orchideen jetzt sogar noch weiter zurück. Den entscheidenden Hinweis lieferte dabei ein Insekt, das zu Lebzeiten fleißig den Blütenstaub der Pflanzen verteilte: eine in Bernstein eingeschlossene Trauermücke. An deren Hinterbein fanden Poinar und seine Kollegen Pollenreste einer ausgestorbenen Orchideenspezies, die sie Succinanthera baltica tauften.

Wie die Wissenschaftler berichten, ist das im Ostseeraum entdeckte Fossil zwischen 45 und 55 Millionen Jahre alt – und damit der älteste Beleg für die Existenz der exotischen Pflanzen. Orchideen wuchsen demnach bereits im Zeitalter des Eozäns auf der Erde. Doch das Team geht davon aus, dass ihre Erblinie womöglich sogar bis in die Kreidezeit zurückreicht.

Bis Fossilien aus dieser Zeit gefunden werden, ist der konservierte Pollen aus dem Eozän das älteste Puzzlestück im Rätsel um die Evolutionsgeschichte der Orchideen. „Damit kann er für kommende Studien als wichtiger Referenzpunkt dienen, um die evolutionäre und phylogenetische Entwicklung dieser Pflanzenfamilie zu verstehen“, schreiben die Forscher.

Raffinierte Betrüger

Wie der Orchideenpollen an das Bein der Trauermücke geriet und später im Bernstein endete, darüber können Poinar und seine Kollegen nur spekulieren. Wahrscheinlich ist aber, dass die Pflanze das Insekt durch falsche Versprechungen anlockte. „Man sollte das über eine Pflanze zwar eigentlich nicht sagen – aber Orchideen sind sehr schlau“, sagt der Biologe. „Sie haben raffinierte Methoden entwickelt, um Bestäuber-Insekten anzulocken und setzen dabei meist auf Täuschung.“

So verspricht der Duft der Blumen vielen Insekten Nahrung – doch die erhoffte Belohnung bleibt aus. Weibliche Trauermücken verführen viele Orchideen zudem mit einem pilzartigen Geruch. Denn die Insekten legen ihre Eier normalerwiese in verwesendem Pilzgewebe ab und verwechseln die Orchidee so mit einem geeigneten Ort zur Eiablage. (Botanical Journal of the Linnean Society, 2017; doi: 10.1093/botlinnean/bow018)

(Oregon State University, 08.05.2017 – DAL)

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