Forscher haben jetzt endgültig nachgewiesen, dass das Pestbaktierum Yersinia pestis tatsächlich der Erreger des „Schwarzen Todes“ war. Bisher war umstritten, ob dieses Bakterium die Seuche des Mittelalters auslöste. Eine genetische Analyse von Skeletten mittelalterlicher Pestopfer belegt jetzt die Präsenz des Pestbakteriums. Eine Kontamination mit modernen Bakterien sei ausgeschlossen, berichtet das Forscherteam im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).
Der Schwarze Tod ist bis heute die wohl größte Seuchenepidemie in der Menschheitsgeschichte, ihr fielen in nur fünf Jahren, zwischen 1348 und 1353, ein Drittel aller Europäer zum Opfer. Es galt lange als umstritten, ob der bekannte heutige Pesterreger, das Bakterium Yersinia pestis, auch für den
Schwarzen Tod im Mittelalter verantwortlich war. In einer Kooperation zwischen dem Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen und der McMaster Universität in Kanada konnte das Bakterium zweifelsfrei als Erreger für die Pest nachgewiesen werden.
Genetische Untersuchungen, die das Bakterium auch in mittelalterlichen Proben nachwiesen, wurden bisher als Kontamination mit moderner DNA oder der DNA von Bodenbakterien bezeichnet. Zweifel an den Ergebnissen bestanden vor allem, da sich die heutige Variante der Pest, auch ohne moderne medizinische Behandlung, wesentlich langsamer ausbreitet und weniger tödlich im Vergleich zur historischen Variante verläuft.
DNA des Erregers in Pestopfern nachgewiesen
Dem internationalen Forscherteam ist es erstmals gelungen, ein für die Virulenz des Pesterregers wichtiges Ringgenom, das sogenannte „pPCP1 Plasmid, aus Skeletten eines Londoner Pestfriedhofs zu entschlüsseln. Das Ringgenom umfasst etwa 10.000 Positionen der DNA des Erregers. Für die Analyse verwendete die Arbeitsgruppe um Johannes Krause eine neue Technik des „molekularen Angelns“: Pest-DNA-Fragmente wurden aus einem Zahn-Extrakt molekular angereichert und anschließend auf modernsten DNA- Sequenzier-Maschinen entschlüsselt.
Die so erhaltenen kurzen Fragmente konnten zu einer langen Ringgenom-Sequenz zusammengesetzt werden, die sich als identisch im Vergleich zu heutigen Pesterregern offenbarte. „Dies deutet darauf hin, dass sich zumindest dieser Teil der Erbinformation der Pesterreger in den letzten 600 Jahren kaum verändert hat“, erklärt Krause.
Zusätzlich konnte das Forscherteam zeigen, dass es sich bei der Pest-DNA aus den Londoner Zähnen tatsächlich um mittelalterliche DNA handelt. Dafür untersuchte das Team Beschädigungen der DNA, die so nur in alter DNA vorkommen – es kann sich bei der mittelalterlichen Pest-DNA also nicht um Kontamination mit moderner DNA aus dem Labor oder von Bodenbakterien handeln. „Damit ist zweifelsfrei bewiesen, dass der heute bekannte Pesterreger Y. pestis auch Auslöser der Pest im Mittelalter war“, sagt Krause. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2011; doi: 10.1073/pnas.1105107108)
(Universität Tübingen, 31.08.2011 – NPO)