Die Stangenbohne schraubt sich rechts, der Hopfen links herum an einer Stütze hoch. Warum wachsen manche Pflanzen nicht gerade, sondern bringen spiralig gewundene Triebe mit einer artspezifischen Drehrichtung hervor? Nach den ersten Vermutungen von Kant und Goethe haben jetzt Naturwissenschaftler das Geheimnis um die Spiralen gelüftet. Takashi Hashimoto und sein Team untersuchten dazu die Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana, eine der Kresse verwandten Pflanze.
Normalerweise bringt die Ackerschmalwand Arabidopsis thalian, das „Lieblingskind“ der Pflanzengenetiker, nur kerzengerade Triebe hervor. Nicht so eine gentechnisch erzeugte Mutante, die linksherum rankt. Verantwortlich für den Linksdrall, so die Forscher, ist das Protein Tubulin: Die hantelförmigen Tubulinmoleküle aggregieren zu Bündeln und weiter zu Bändern und regelrechten Fasern, die letztlich am Aufbau pflanzlicher Zellwände maßgeblich beteiligt sind.
Nur in einer einzigen Aminosäure unterscheiden sich das normale Tubulin und das Tubulin aus dem Linksdreher: Ein Serin ist im mutierten Tubulin durch ein Phenylalanin ersetzt. Diese Punktmutation reicht nach Angaben der Forscher um Hashimoto aus, um einen Versatz innerhalb der hantelförmigen Proteine zu erzeugen. Wächst die Pflanze, reihen sich die Tubulin-Hanteln aneinander. Durch den Versatz der Hanteln entstehen dabei keine glatten Bänder, sondern schraubenförmige Strukturen. Dieses Bauprinzip setzt sich bis ins Makroskopische fort und führt zu den linksgeschraubten Trieben.
Bereits Kant erkannte ganz richtig, dass die Eigenschaft der Pflanzen, spiralig gewunden zu wachsen, nicht durch äußere Einflüsse hervorgerufen wird, sondern dass „die Ursache der Windung in den Samen selbst liegt“. Goethe vermutete einen zweigeteilten Wachstumsvorgang, der das Phänomen aber auch nicht schlüssig zu erklären vermochte.
Kant und Goethe hätten ihre helle Freude daran gehabt, wie Hashimoto und seine Mitarbeiter das Spiralwachstum der Ackerschmalwand auf molekularer Ebene klären konnten, davon ist zumindest Professor Henri Brunner von der Universität Regensburg überzeugt…
(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker, 10.10.2005 – DLO)