Pflanzen schaffen sich an ihren Wurzeln ein Wasserreservoir, mit dem sie Trockenperioden überstehen können. Dies haben Wissenschaftler bei Experimenten mit Mais, Lupine und Kichererbsen entdeckt. Der Bereich direkt um die Wurzel herum enthalte rund 30 Prozent mehr Wasser als der restliche Boden, berichten die Forscher im Fachmagazin „New Phytologist“. Bisher sei man davon ausgegangen, dass es dort weniger Feuchtigkeit geben müsste, weil die Pflanzen dem Boden Wasser entzögen.
Für die Wasseranreicherung sei vermutlich eine gallertartige Substanz verantwortlich, die die Wurzel aussondert. „Diese Substanz kann das 10.000-Fache ihres Trockengewichts an Wasser binden“, sagen die Wissenschaftler. Die neuen Erkenntnisse könnten künftig bei der Zucht von trockenresistenteren Pflanzen nützlich sein. Mit ihrer Hilfe sei aber auch die Entwicklung von effizienteren Bewässerungssystemen denkbar.
Die neue Studie habe auch über die Pflanzenforschung hinaus Bedeutung, meinen die Forscher. „Die Frage, wie Pflanzen Wasser aufnehmen, ist nicht nur für die Entwicklung von neuen, wassereffizienten Pflanzensorten relevant, sondern auch für die Verbesserung von Klimamodellen“, sagen die Wissenschaftler. Denn mehr als die Hälfte allen Wassers, das durch Niederschläge auf die Erde falle, werde von Pflanzen aufgenommen. Später gelange es dann über sie zurück in die Atmosphäre.“
Wurzelbereich mit Neutronen durchleuchtet
In ihren Experimenten untersuchten die Forscher Mais-, Lupinen- und Kirchererbsen-Pflanzen mit Hilfe der Neutronentomografie. Dieses Verfahren kann Pflanzen in ihrem Topf mitsamt der sie umgebenden Erde durchleuchten. Neutronen bilden Wasser besonders deutlich ab, Sand oder Metall sind für sie dagegen fast durchsichtig. Auf diese Weise erhielten die Forscher ein genaues dreidimensionales Bild der Wasserverteilung im Bereich der Wurzeln. Sie konnten aber auch feststellen, wie viel Wasser sich an anderen Stellen im Boden befand.
Die Daten hätten gezeigt, dass der Boden einige Millimeter um die Wurzeln herum deutlich mehr Wasser enthalte als die Umgebung. „So könnte sich die Pflanze einen Vorrat für kurze Trockenperioden schaffen“, sagen die Forscher. Dieses Reservoir reiche, um bis zu zwölf Stunden ohne Wasserzufuhr zu überbrücken.
Wurzeln schaffen sich eine eigene Umwelt
Dass Wurzeln den Boden in ihrer Nähe verändern, ist nach Angaben der Forscher bereits länger bekannt. In dieser sogenannten Rhizosphäre gäbe es beispielsweise deutlich mehr Mikroorganismen als anderswo. Die Konzentration an nützlichen Metallen sei dagegen niedriger, weil die Pflanze dem Boden Metallionen entziehe. So ähnlich habe man sich das bisher auch beim Wasser vorgestellt, sagen die Wissenschaftler. Sie seien davon ausgegangen, dass die Wasserkonzentration in der Umgebung der Wurzel kleiner sei als in größerer Entfernung. Die Experimente hätten nun diese Vorstellung widerlegt – zumindest für die drei untersuchten Arten. (New Phytologist , 2011; DOI:10.1111/j.1469-8137.2011.03826.x)
(Universität Potsdam / PSI, 16.09.2011 – NPO)