Bei der Regulation der Genakitivität spielen Histone, die Hüllproteine der DNA, eine wichtige Rolle. Werden sie chemisch verändert, dann kann sogar Krebs die Folge sein. Jetzt haben Wissenschaftler in Pilzen einen Wirkstoff entdeckt, der solche chemischen Veränderungen hemmt.
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Ein Forscherteam um Dr. Axel Imhof von der Ludwig- Maximilians-Universität (LMU) München konnte jetzt zeigen, dass Chaetocin, eine in Pilzen vorkommende Substanz, ein Enzym hemmt, das Methylgruppen auf ein spezifisches Histon überträgt. Das wird in der online- Ausgabe des Fachmagazins Nature Chemical Biology berichtet. Chaetocin soll helfen, die Rolle der Histone bei der Genregulation besser zu verstehen – und möglicherweise Ansatzpunkt für eine Krebstherapie sein. Denn Fehler bei bestimmten Histonmodifikationen sind oft in Tumorzellen zu finden und häufen sich im Verlauf der Erkrankung an.
Histonfehler als Krebsfaktor
Hoch geordnet liegt die DNA im Zellkern vor. Wie um eine Spule wickelt sich das fadenförmige Erbmolekül um Histon-Proteine. Diese Interaktion wirkt sich auch auf die Aktivität von Genen aus. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind reversible Modifikationen der Histone. Deren Bedeutung zeigt sich auch daran, dass Fehler bei diesen Veränderungen zu Krebs führen können. Am besten verstanden ist dies bei der so genannten Acetylierung, also der Anhängung von Acetylgruppen an Histone. Es gibt bereits Wirkstoffe, die Histon acetylierende Enzyme hemmen und in der Krebstherapie eingesetzt werden sollen.
Aber auch die Methylierung, also Anhängung von Methylgruppen an Histone, spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Imhof konnte im Rahmen einer Kooperation mit spanischen Wissenschaftlern zeigen, dass es bei vielen Tumoren gleichzeitig zu Veränderungen im Muster der Acetylierung und der Methylierung von Histonen kommt. Dabei nehmen die Unterschiede zwischen den Krebszellen und normalen Zellen im Verlauf der Erkrankung sogar zu. Die Forscher fanden bestimmte Fehler der Histonmodifikation so häufig, dass sie als typisch für Krebszellen angesehen werden können.
Zu viel oder zu wenig Methylierungen
„In vielen Fällen wurde bereits nachgewiesen, dass Histon- Methyltransferasen in Tumoren fehlreguliert sein können“, berichtet Axel Imhof, „dann wird von diesen Enzymen, die Methylgruppen auf Histone übertragen, eine größere oder kleinere Menge als normal hergestellt. So treten Methylierungen an bestimmten Bausteinen der Histone vermehrt auf oder fehlen ganz.“
Diese veränderten Methylierungsmuster könnten in Zukunft möglicherweise Verwendung finden als natürliche Indikatoren für bestimmte Charakteristika der Krebserkrankungen. „Mit Hilfe dieser so genannten Biomarker könnten dann beispielsweise die Schwere oder der Verlauf des Leidens besser vorhergesagt werden“, so Imhof. „Bestimmte Methylierungsmuster in den Tumorzellen eines Patienten würden dann vielleicht anzeigen, dass eine sehr starke Chemotherapie nötig ist, während in einem anderen Fall schon eine milde Nachbehandlung ausreichen würde.“
Hemmstoff als Therapeutikum?
Bei diesen Therapien könnten dann wiederum Inhibitoren der Histon- modifizierenden Enzyme eine Rolle spielen. Das von Imhof und seinen Mitarbeitern charakterisierte Chaetocin etwa, eine in Pilzen gefundene Substanz, hemmt sehr spezifisch eine bestimmte Methyltransferase, zeigt aber auch eine gewisse Wirkung auf verwandte Enzyme.
„Der Schluss liegt nahe, dass die Methyltransferasen selbst eine kausale Rolle bei der Tumorentstehung spielen und damit ein mögliches Ziel für eine Therapie sind“, meint Imhof. „Chaetocin ist der erste spezifische Hemmstoff eines solchen Enzyms. Bis solche Moleküle therapeutisch nutzbar sind, ist es natürlich noch ein weiter Weg. Wir hoffen aber jetzt schon durch den gezielten Einsatz des Hemmstoffs ein besseres Verständnis zur Regulation der Genexpression durch Histonmethyltransferasen zu gewinnen.“
(Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, 21.07.2005 – NPO)