Tödliches Futter: Schon ein einziges verschlucktes Plastikstück kann einen Vogel töten – seine Überlebenschance sinkt dadurch um 20 Prozent, wie eine Studie enthüllt. Besonders gefährlich sind dabei nicht harte Plastikteile, sondern weiche Kunststoffreste wie Folien oder Luftballons: Sie verstopfen den Darm der Seevögel und führen bei jedem fünften von ihnen zum Tode, wie Forscher ermittelt haben.
Unser Plastikabfall vermüllt inzwischen die gesamte Meeresumwelt – von Arktis bis in die Südsee und von den Müllstrudeln an der Meeresoberfläche bis in die Tiefsee. Für Meerestiere und Vögel, die im Ozean nach Futter suchen, ist dies eine tödliche Gefahr. Denn das Plastik kann ihre Eingeweide verstopfen und enthält zudem oft Giftstoffe. Biologen schätzen, dass 90 Prozent aller Seevögel schon einmal Plastik im Bauch hatten. Denn viele Kunststoffe bilden nach einiger Zeit im Meer offenbar einen für Vögel geradezu unwiderstehlichen Duft aus.
Doch wie groß ist die Gefahr für die betroffenen Vögel? Und welche Plastikteile sind für die besonders tödlich? Um das herauszufinden, haben Lauren Roman von der University of Tasmania in Hobart und ihr Team die Aufzeichnungen zu 1.733 verendeten Seevögeln aus 51 Arten ausgewertet. Sie untersuchten dabei, ob die Tiere Plastik verschluckt hatten und welche Form und Beschaffenheit diese Kunststoffteile hatten.
Schon ein verschlucktes Teil kann fatal sein
Das Ergebnis: 32 Prozent der Seevögel hatten zum Zeitpunkt ihres Todes mindestens ein Plastikteil im Verdauungstrakt. „Die Menge reichte von einem bis zu 40 Teilen pro Vogel“, berichten die Forscher. Doch nicht immer war das Plastik auch die eindeutige Todesursache: 27 Prozent der Vögel waren infolge der verschluckten Kunststoffteile gestorben – meist aufgrund einer Verstopfung des Verdauungstrakts, wie Roman und ihr Team feststellten.
Aus den Daten ermittelten die Forscher die konkrete Gefährdung für die Seevögel. Demnach steigt die Mortalität schon bei nur einem verschluckten Plastikteil um 20 Prozent. „Jedes einzelne Teil kann daher für die Vögel schon tödlich sein“, betont Roman. Haben die Vögel dagegen neun Teile in ihrem Verdauungstrakt – was durchaus vorkommt-, dann steigt ihr Sterberisiko auf 50 Prozent.
Weiches Plastik ist am tödlichsten
Interessant jedoch: Obwohl fast 95 Prozent der verschluckten Abfallstücke aus Hartplastik bestanden, waren sie nur in der Hälfte der Fälle tödlich. Stattdessen erwiesen sich weiche Kunststoffreste wie Folien, Luftballons, Gummibänder oder Schaumstoffe als besondere Gefahr. „Obwohl dieses Weichplastik nur fünf Prozent der verschluckten Teile ausmachte, war es für 40 Prozent der Todesfälle verantwortlich“, sagt Roman.
Besonders tödlich sind dabei offenbar Luftballonfetzen: „Sie töteten etwa einen von Seevögeln, die diese Teile aufgenommen hatten“, so die Forscherin. Ähnliche Untersuchungen bei Meeresschildkröten legen nahe, dass dies an der schlechteren Passage des Weichkunststoffs durch den Darm liegt: „Hartplastik-Fragmente passieren ihn relativ zügig, während weiches Plastik eher zusammengeballt wird und dann fatale Verstopfungen hervorruft“, erklärt Roman. „Der Tod durch ein Weichplastikteil ist daher 32 Mal wahrscheinlicher als durch ein hartes Kunststoffteil.“
Verwechslung mit Tintenfischen
Das Problem dabei: Gerade die Wasser herumwabernden Folien und Ballonfetzen ähneln einer beliebten Beute vieler Seevögel: den Tintenfischen. Durch diese Verwechslungsgefahr stellt das weiche Plastik eine besonders große Gefahr für die Tiere dar, wie auch die Studie belegte: Bei den untersuchten Seevögeln waren besonders oft Vogelarten darunter, die Kalmare als ihre Hauptnahrung haben.
„Die Sachlage ist damit klar: Wenn wir verhindern wollen, dass Seevögel weiter an verschluckten Plastikteilen sterben, dann müssen wir den Abfall aus der Meeresumwelt entfernen oder zumindest eine weitere Vermüllung verhindern -vor allem was Ballons und Folien angeht“, sagt Roman. (Scientific Reports, 2019; doi: 10.1038/s41598-018-36585-9)
Quelle: University of Tasmania