Biologie

Primat mit reinen Ultraschall-Rufen entdeckt

Extreme Signale für den Menschen und viele Beutetiere nicht hörbar

Philippinischer Koboldmaki (Tarsius syrichta) auf einem Baum; deutlich sind die extrem großen Augen des nachtaktiven Primaten zu erkennen. © Andrew Cunningham

Das Landtier mit einer der höchsten Stimmen ist keine Fledermaus, sondern ein kleiner, nachtaktiver Primat: Der im Regenwald Südostasiens lebende Philippinen-Koboldmaki verständigt sich mit extrem hohen Ultraschalllauten. Seine Rufe erreichen Frequenzen von mehr als 70 Kilohertz – das ist weit oberhalb der menschlichen Hörgrenze, die bei rund 20 Kilohertz liegt. Hören kann der etwa rattengroße Primat sogar noch Töne bis zu 91 Kilohertz. Diese Werte seien unter den höchsten, die jemals bei einem Landtier gemessen wurden und ein extremes Beispiel für Ultraschall-Kommunikation, berichten US-amerikanische Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“.

„Nur sehr wenige Säugetiere können reine Ultraschallsignale senden und empfangen, darunter Wale, Katzen sowie ein paar Fledermäuse und Nagetiere“, schreiben Marissa Ramsier von der Humboldt State University und ihre Kollegen. Unter den Primaten gebe es zwar einige, deren Rufe neben hörbaren Frequenzen auch einen Ultraschallanteil enthalten. Eine reine Ultraschall-Kommunikation habe man aber zuvor bei einem Primaten noch nicht gefunden. Der Philippinen-Koboldmaki sei damit bisher einzigartig unter den Primaten.

Ultraschall als geheimer Kommunikationskanal

Das Rufen im Ultraschallbereich könnte den Koboldmakis gleich mehrere Vorteile bringen, wie die Forscher erklären. Zum einen seien Ultraschallsignale ein sehr exklusiver Kommunikationskanal: Da nur wenige Fressfeinde, Beutetiere oder Konkurrenten diese Frequenzen hören können, ermögliche dies den Makis die Verständigung ohne selbst bemerkt zu werden.

Zum anderen könnte das feine Ultraschallgehör den Koboldmakis beim Aufspüren ihrer Beute helfen. „Die Makis könnten damit beispielsweise die zwischen Motten oder Heuschrecken ausgetauschten Ultraschallsignale belauschen oder die Position ihrer Beute am feinen Blätterrascheln orten“, schreiben die Forscher. Ob dies tatsächlich der Fall sei, müsse man nun in weiteren Studien untersuchen.

Dieser Philippinische Koboldmaki hat gerade eine Insektenlarve erbeutet und hält sie in seiner rechten Hand; seine gute Hörfähigkeit im Ultraschallbereich könnte ihm beim Beutefang geholfen haben. © David Haring

Tonaufnahmen im philippinischen Regenwald

Die Wissenschaftler hatten für ihre Studie die Rufe von wilden Philippinen-Koboldmakis auf den philippinischen Inseln Bohol und Leyte aufgenommen. Dabei beobachteten sie immer wieder Tiere, die zu rufen schienen, ohne dass ein Ton zu hören war. Bei der Analyse der Aufnahmen habe sich dann gezeigt, dass mindestens acht Makis reine Ultraschallrufe ausgestoßen hatten, berichten die Forscher.

Um den Hörbereich der Koboldmakis genauer zu untersuchen, fingen die Forscher sechs Tiere vorübergehend ein. In einer speziellen Schallkammer spielten sie den Makis kurze Ultraschalltöne verschiedener Frequenzen und Lautstärken vor. Über Elektroden, die zuvor am Schädel und an den Ohren der Tiere befestigt worden waren, leiteten die Forscher deren Hirnströme ab. Hatten die Makis den Ton gehört, zeigte sich ein Ausschlag in den Hirnströmen. (Biology Letters, 2012; doi: 10.1098/rsbl.2011.1149)

(Royal Society, 08.02.2012 – NPO)

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