Um einer Infektion wirkungsvoll zu begegnen, muss das Immunsystem auf einen Vorrat an bestimmten T-Zellen zurückgreifen können. Bislang wusste man nur wenig darüber, wie sich diese Zellen im Körper behaupten. Schweizer Forscher berichten nun in der Fachzeitschrift „Nature Immunology“ über einen neu entdeckten Faktor, der für das Überleben dieser Zellen unentbehrlich ist.
Wenn ein Organismus von einem Virus oder einem Bakterium befallen wird, kommt es zu einer Reaktion der weißen Blutkörperchen, mit der der Krankheitserreger bekämpft wird. Eine besonders wichtige Art dieser weißen Blutkörperchen sind die so genannten T-Lymphozyten: Sie entstehen im Knochenmark und reifen im Thymus, weshalb sie kurz T-Zellen genannt werden. Nach der Reifung verlassen sie den Thymus und zirkulieren über längere Zeit inaktiv in Blut und Lymphe. In diesem Stadium werden sie als naive T-Zellen bezeichnet, da sie noch keinen Kontakt zu einem Fremdkörper (einem Antigen) hatten.
Bei einer Infektion können andere Arten von weißen Blutkörperchen diese T-Zellen aktivieren, indem sie ihnen kleine Bestandteile der Krankheitserreger präsentieren, die von den Rezeptoren der T-Zellen erkannt werden.
Ein Pool an T-Zellen
Für eine angemessene Immunantwort muss ständig eine große Zahl von naiven T-Zellen durch den Organismus zirkulieren, die bei einer Infektion aktiviert werden können. Da die Thymusfunktion im Alter drastisch abnimmt, die Größe des T-Zellpools aber relativ konstant bleibt, müssen Mechanismen existieren, die die verminderte Thymusaktivität ausgleichen. Die genauen Mechanismen der Homöostase der naiven T-Zellen im Menschen wurden bislang aber nur unzulänglich verstanden.
Hier kamen den Forschern der Universität Basel um Jean Pieters nun die Resultate aus einem früheren Projekt zustatten. An gentechnisch modifizierten Mäusen hatten sie nachgewiesen, dass ein Protein namens coronin 1 dem berüchtigten Tuberkuloseerreger M. tuberculosis ermöglicht, innerhalb von Fresszellen, so genannten Makrophagen, zu überleben.
„Wir konnten uns aber nicht vorstellen, dass coronin 1 nur dazu da sein sollte, das Überleben von M. tuberculosis zu erleichtern“, erklärt Pieters. „Deshalb haben wir diese Mäuse auf Anomalien überprüft, um so die reguläre Funktion dieses Proteins zu identifizieren.“
Protein mit wichtiger Rolle bei der Selbstregulation der T-Zellen
Bei weiteren Untersuchungen entdeckten die Forscher, dass sich im Blut von Mäusen ohne coronin 1 vergleichsweise wenige T-Zellen fanden, obwohl ihr Thymus unverändert solche Zellen produzierte. Damit war klar, dass dieses Protein bei der Selbstregulation der T-Zellen außerhalb des Thymus eine entscheidende Rolle spielt.
Als die Basler Forscher die Signalvorgänge in T-Zellen ohne coronin 1 unter die Lupe nahmen, stellten sie eine Absenz von Signalen im T-Zell-Rezeptor fest, ohne die sich die Zellen nicht vermehren können.
Signalvorgänge in T-Zellen umfassen eine komplexe biochemische Verkettung, die zur Produktion von Zytokinen führt, Proteinen, die für das Überleben der T-Zellen essenziell sind. Einer der ersten Schritte besteht dabei darin, dass in der Zelle ein Membran-Netzwerk Kalzium ins Zellplasma abgibt.
Um diesen Vorgang bei den Mäusen ohne coronin 1 zu analysieren, versahen die Forscher ihre T-Zellen mit einer Substanz, die bei einer Veränderung der Kalziumkonzentration die Farbe wechseln. „Die Resultate waren verblüffend“, kommentiert Pieters, „und sie erklärten vollständig, weshalb T-Zellen in Mäusen ohne coronin 1 dezimiert werden“.
Kein Kalzium, keine Signale
Denn während natürliche T-Zellen auf einen Auslösereiz an ihren Rezeptoren mit der schnellen Abgabe von Kalzium ins Zellplasma reagieren, war dies beim Fehlen von coronin 1 nicht der Fall. Wenn aber kein Kalzium ins Zellplasma gelangt, kommt es auch zu keinen Signalen, womit die naiven T-Zellen ohne coronin 1 über kurz oder lang absterben.
Der Nachweis, dass coronin 1 ein Überlebensfaktor für periphere T-Zellen darstellt, verbessert das Verständnis ihrer Regulationsmechanismen. Er schafft nach Angaben der Wissenschaftler möglicherweise aber auch einen Ausgangspunkt, von dem aus Stoffe zur Behandlung einer übermäßigen Vermehrung von Lymphozyten und von Autoimmunkrankheiten entwickelt werden können.
(idw – Universität Basel, 18.03.2008 – DLO)