Chemie zum Hören: Forscher haben erstmals die komplexe Struktur von Proteinen in Musik übersetzt. Dafür transponierten sie die natürlichen Vibrationen der 20 verschiedenen Aminosäuren in hörbare Frequenzen. Deren Abfolge und Klang ermöglicht es, die komplexe Struktur der Proteine akustisch zu erfassen – und so beispielsweise funktionelle Unterschiede dieser Biomoleküle zu erkennen. Das kann auch dabei helfen, neue, maßgeschneiderte Proteine zu entwickeln.
Proteine sind die Allzweckarbeiter in unserem Organismus – ohne sie wäre das irdische Leben nicht möglich. Denn diese Biomoleküle dienen als Baumaterial, Transporteure und Rezeptoren, sie vermitteln die Signale unserer Nerven, Muskeln und Zellen und bilden als Enzyme die Basis biochemischer Reaktionen. Das Erstaunliche daran: All diese Funktionen und Varianten gehen auf nur 20 Grundbausteine zurück, die Aminosäuren. Ihre Abfolge, Faltung und Interaktion lässt die komplexe Proteinstruktur entstehen.
Charakteristische Vibration der Aminosäuren
Das Problem jedoch: Die Struktur der Proteine und ihre Vielfalt ist so komplex, dass bisher kaum geklärt ist, welche Grundprinzipien welche Klassen von Proteinen und ihre Funktionen ausmachen. „Sie haben ihre eigene Sprache, aber wir wissen nicht, wie sie funktioniert“, erklärt Markus Buehler vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). „Wir wissen nicht, was ein Seidenprotein zum Seidenprotein macht oder welches Strukturmuster die Funktionen der Enzyme kennzeichnet – wir kennen den Code nicht.“
Um das zu ändern, haben Buehler und sein Team nun eine ungewöhnliche Methode entwickelt: Sie wandeln die Proteinstruktur in Musik um. „Dafür nutzen wir die natürlichen Vibrationen der Aminosäure-Bausteine“, erklären die Forscher. Denn jede Aminosäure zeigt abhängig von ihrer Struktur und ihrem Energie- und Bindungszustand charakteristische Schwingungen. Diese Schwingungen konvertierten die Forscher mit Computerhilfe in hörbare Frequenzbereiche – ohne die Merkmale der Vibrationen zu verändern.