Biologie

Raben rufen strategisch um Hilfe

Ruf nach Unterstützung bei einem Streit hängt vom Publikum ab

Raben rufen nur dann um Hilfe, wenn es sich lohnt. © Frank Schulenburg/ CC-by-sa 4.0

Geschickt taktiert: Biologen haben einen weiteren Beleg für die hohe soziale Intelligenz von Raben gefunden. Denn die Vögel können bei einem Streit mit Artgenossen sehr genau abschätzen, ob sich ein Hilferuf lohnt. Sind ihre Verwandten oder Partner im Publikum, rufen sie diese herbei. Sind vorwiegend Verbündete des Angreifers präsent, lassen sie dies. Das demonstriere das komplexe Sozialsystem dieser Krähenvögel und ihre erstaunlich fortgeschrittenen sozialen Taktiken, so die Forscher.

Raben sind äußerst intelligente Vögel: Sie können zählen, Werkzeuge nutzen und sogar vorausschauend planen. Noch ausgeprägter aber ist ihre soziale Intelligenz. Die in komplexen, sich ständig verändernden Verbänden lebenden Krähenvögel wissen sehr genau, wer welchen sozialen Rang bekleidet und mit wem sich eine Teamarbeitlohnt.

Ruf nach Unterstützung

Einen weiteren Beleg für die soziale Intelligenz der Raben haben nun Georgine Szipl von der Universität Wien und ihre Kollegen aufgedeckt. Für ihre Studie hatten sie die Kommunikation freilebender Kolkraben an einer Futterstelle beobachtet. Dort kommt es häufig zu lautstarken Kämpfen um die Nahrung. „Während dieser Kämpfe nutzen sowohl Angreifer als auch Verteidiger ihren Schnabel und die Klauen zum Angriff“, berichten die Forscher.

Wenn Raben bei diesen Konflikten von dominanten oder höherrangigen Artgenossen angegriffen werden, äußern die bedrängten Opfer häufig Defensivrufe. Diese sollen die Aufmerksamkeit von Artgenossen wecken und sozusagen ihre „Verbündeten“ mobilisieren – was häufig funktioniert: „Opfer der Aggression erhalten häufiger soziale Unterstützung durch andere, wenn sie rufen“, erklären Szipl und ihre Kollegen.

Ein Rabe (rechts) wird gleich von mehreren dominanten Artgenossen bedrängt. © Georgine Szipl

Angepasste Taktik

Die neuesten Beobachtungen enthüllen nun, dass die Raben ihre „Hilferufe“ gezielt an ihr Publikum anpassen: Sind ihre Verwandten oder die Paarpartner im Publikum, rufen sie häufiger. Ihre Rufrate sinkt dagegen, wenn an der Futterstelle vorwiegend Partner und „Kumpel“ der dominanten Angreifer präsent sind. „Dies zeigt, dass die angegriffenen Raben ihre Rufraten an die Präsenz bestimmter Individuen im Publikum anpassen“, so die Forscher.

Die klugen Vögel haben offenbar sehr genau im Blick, ob sich im Publikum potenzielle verbündete befinden oder eher Verbündete ihres Angreifers. „Dies deutet darauf hin, dass freilebende Kolkraben trotz komplexen Sozialsystems über die Beziehungen ihrer Artgenossen Bescheid wissen“, erklärt Szipl. „Dieses Wissen können sie flexibel einsetzen – das bestätigt und ergänzt das sich abzeichnende Bild von fortgeschrittener sozialen Intelligenz bei Raben.“ (Royal Society Proceedings of the Royal Society B, 2018; doi: 10.1098/rspb.2018.0375)

(Universität Wien, 06.06.2018 – NPO)

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