Hamburger Forscher haben nachgewiesen, dass das Schmerzempfinden beim Übergang von der Haut ins Rückenmark geblockt wird, wenn ein Mensch keinen oder weniger Schmerz erwartet. Sie berichten über die Ergebnisse ihrer neuen Studie in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature“.
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Es gibt viele verschiedene Wege, über die psychologische Faktoren unsere Schmerzwahrnehmung beeinflussen können: zum Beispiel die Lenkung der Aufmerksamkeit, Hypnose oder der so genannte Placebo-Effekt. Doch welche neurobiologischen Mechanismen sorgen dafür, dass die Schmerzempfindung reduziert wird?
Verringerte Nervenzellaktivität im Rückenmark
Der Forscher Falk Eippert vom Institut für Systemische Neurowissenschaften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) konnte zusammen mit Professor Dr. Christian Büchel, Dr. Jürgen Finsterbusch und Dr. Ulrike Bingel nachweisen, dass ein Placebo-Effekt mit einer verringerten Nervenzellaktivität im Rückenmark einhergeht.
Bisher lieferten Neurowissenschaftler für den Placebo-Effekt diese Erklärung: Der Glaube an die Wirksamkeit eines Schmerz-Medikaments führt im Gehirn zur Ausschüttung von endogenen Opiaten – auch Endorphine genannt. Dies passiert sowohl in der beim Menschen besonders ausgeprägten frontalen Großhirnrinde, wie auch in evolutionär älteren Arealen im Hirnstamm.
Verstärkte endorphinerge Kopplung
Die Ausschüttung dieser endogenen Opiate geht mit einer verminderten Schmerzwahrnehmung und einer entsprechend geringeren Antwort von Nervenzellen in schmerzverarbeitenden Hirnarealen einher. Wie diese Opiatausschüttung und die Reduktion der schmerzrelevanten Nervenzellaktivität zusammenhängen, war bisher ungeklärt.
In einer früheren Studie konnte Eippert bereits zeigen, dass Placebo-Effekte – also eine verringerte Schmerzwahrnehmung trotz physikalisch gleicher Stimulation – mit einer verstärkten endorphinergen Kopplung zwischen frontalen Arealen der Großhirnrinde und dem Hirnstamm einhergehen.
Psychologische Faktoren der Schmerzmodulation tief im Hirn verwurzelt
Jüngste technische Entwicklungen ermöglichten es dem Forscher nun, mittels hochauflösender kernspintomographischer Aufnahmen des menschlichen Rückenmarks nachzuweisen, dass ein Placebo-Effekt mit einer verringerten Nervenzellaktivität im Rückenmark, der ersten Station des Zentralnervensystems, einhergeht. Somit konnte gezeigt werden, dass psychologische Faktoren der Schmerzmodulation tief im Hirn verwurzelt sind.
Die Tatsache, dass solche Einflüsse im menschlichen Rückenmark messbar sind, ist nach Angaben der Wissenschaftler auch für klinische Studien zur Testung von neuen Medikamenten relevant, da man somit deren Effektivität und Wirkungsort genauer untersuchen kann.
(idw – Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, 19.10.2009 – DLO)