Genetik

Rätsel um rote Fellfarbe bei Katzen gelöst

Genetiker finden Sitz des für rötliches Fell verantwortlichen Gens

Rote Katze
Genetiker haben den Ursprung der roten Fellfarbe bei Katzen enträtselt. © Manuta/ Getty Images

Garfields Geheimnis: Genetiker haben endlich das Rätsel um die rote Fellfarbe bei Katzen gelöst – ein seit mehr als 60 Jahren bestehendes Mysterium. Denn diese Fellfarbe ist abhängig vom Geschlecht – fast alle Katzen mit dieser Fellfarbe sind Kater. Warum das so ist und welches Gen dahinter steckt, haben nun gleich zwei Forschungsteams herausgefunden. Die Lösung des Rätsels erwies sich allerdings als überraschend.

Welche Haut- und Haarfarbe wir Menschen haben, entscheidet unter anderem das Membranprotein Mc1r. Es steuert, ob unsere Hautzellen vermehrt dunkles Eumelanin oder gelbliches Phäomelanin freisetzen. Während dunkelhäutige Menschen vor allem Eumelanin produzieren, reichern Rothaarige fast ausschließlich Phäomelanin an. Über dieses Konzept lassen sich auch die Fellfarben verschiedener Tiere wie Hunde, Pferde, Mäuse oder Kühe erklären. Lediglich Katzen tanzen aus der Reihe.

Rote Katzen sind fast immer Männchen

Das Problem: Das Gen für das Membranprotein Mc1r liegt auf einem geschlechtsunabhängigen Chromosom, doch bei Katzen scheint die Fellfarbe sehr wohl mit dem Geschlecht zusammenzuhängen. So sind dreifarbige Katzen – sogenannte „Glückskatzen“ – zum Beispiel ausschließlich weiblich, während es sich bei Katzen mit rötlichem Fell in 80 Prozent der Fälle um Männchen handelt. Das bekannteste Beispiel dafür ist wahrscheinlich der faule Comic-Kater Garfield.

Es liegt daher nahe, dass der Ursprung der Fellfärbung bei Katzen nicht wie bei uns Menschen auf einem der autosomalen Erbgutträger liegt, sondern auf einem der Geschlechtschromosomen. Weil vorwiegend Männchen das rote Fell tragen, fiel der Verdacht auf das X-Chromosom. Der Grund: Weil Kätzinnen zwei X-Chromosomen besitzen, können ihre Zellen „entscheiden“, welches davon sie aktivieren. Ist die Information für die Fellfarbe Rot auf dem stillgelegten Chromosomen gespeichert, kommt sie daher nicht zum Zuge oder es entsteht ein mehrfarbiges Mosaik.

Da Kater nur ein einzelnes X-Chromosom besitzen, ist dieses automatisch immer aktiv – mitsamt der darauf kodierten Fellfarbe. Das könnte erklären, warum männliche Katzen häufig rot beziehungsweise einfarbig sind. Aber wo genau auf dem X-Chromosom die Gene für die Fellfarbe liegen, war mehr als 60 Jahre lang ein großes Mysterium. Insbesondere die rote Fellfarbe gab große Rätsel auf, weil für ihre Entstehung eine bislang unentdeckte Mutation nötig sein muss.

Weg der „Bauanleitung“ zurückverfolgt

Jetzt haben sich gleich zwei Forschungsteams unabhängig voneinander diesem Thema gewidmet: ein Team um Christopher Kaelin von der Stanford University und eines um Hidehiro Toh von der Universität Kyushu. Die Vorabversionen ihrer Ergebnisse – Preprints – sind nun gleichzeitig erschienen.

Für ihre Spurensuche sind die japanischen und die US-Forschenden jeweils ähnlich vorgegangen. In den Genomen rothaariger und andersfarbiger Katzen suchten sie nach der RNA, die von den pigmentbildenden Zellen (Melanozyten) produziert wurde, und verfolgten diese schließlich bis zu ihrem Ursprung zurück. Bei RNA handelt es sich um die zuvor von der DNA abgelesene Bauanleitung, die vom Zellkern zum Ort der Proteinherstellung wandert und dort in die Tat umgesetzt wird – im Falle der Katzen also die Herstellung von Eu- beziehungsweise Phäomelanin vorantreibt.

Rätsel der roten Katzen gelöst

Dabei zeigte sich, dass die Fellfarbe bei Katzen tatsächlich nicht von Genen auf den Autosomen bestimmt wird, sondern ihren Ursprung auf dem X-Chromosom hat, konkret in einem Gen namens Arhgap36. Von diesem ging 13-mal mehr RNA aus als von anderen Genen. Doch die rötliche Fellfarbe erklärte dieser bedeutende Fund nicht, denn bei roten Katzen fanden die Forschenden keinerlei Hinweise auf eine Mutation innerhalb von Arhgap36.

Erst ein Vergleich mit 188 Katzengenomen aus einer Datenbank brachte schließlich Klarheit: Das Gen selbst war zwar nicht mutiert, dafür fehlte bei allen roten Katzen aber ein benachbarter DNA-Abschnitt, der normalerweise die RNA-Produktion dieses Gens reguliert. Das Fehlen dieser DNA-Sequenz blockierte die Transkription von Arhgap36 und dadurch wurde dieses Fellpigment nicht produziert. Als Folge stellten die Zellen stattdessen fast ausschließlich das für die rötliche Fellfarbe verantwortliche Phäomelanin her.

Auch Katzen, deren Fell nur stellenweise rot gefärbt war, wiesen in eben jenen rötlichen Bereichen die DNA-Deletion auf, wie die Forschenden herausfanden. Wann genau diese Mutation im Bereich des Arhgap36-Gens zum ersten Mal aufgetreten ist und die erste rote Katze hervorgebracht hat, lässt sich zwar nur schwer sagen. Es gibt aber Hinweise darauf, dass schon einige altägyptische Katzenmumien rotes Fell hatten.

Gensitz sorgt für Verblüffung

Dass es sich bei dem Gen für die Fellfarbe ausgerechnet um Arhgap36 handelt, verblüffte beide Teams. Eigentlich ist dieses Gen bei Säugetieren zentral für die Embryonalentwicklung. Einen Zusammenhang mit der Haut- und Fellfarbe hätte niemand vermutet. Aufgrund seiner wichtigen Funktionen für die Entwicklung sind größere Mutationen rund um Arhgap36 außerdem gefährlich und könnten im schlimmsten Fall tödlich enden, wie die Forschenden erklären.

Doch bei den rothaarigen Katzen scheinen ausschließlich die Melanozyten von der Mutation betroffen zu sein, was ihnen keine gesundheitlichen Probleme beschert. (bioRxiv [Preprint], 2024; doi: 10.1101/2024.11.21.624608; bioRxiv [Preprint], 2024; doi : 10.1101/2024.11.19.624036)

Quelle: bioRxiv

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