Der Fund eines ungewöhnlich gut erhaltenen Fossils hat neue Einblicke in die Lebensweise eines kuriosen Dinosauriers ermöglicht: Der für seine Federn an Vorder- und Hinterextremitäten bekannte Microraptor gui jagte demnach neben frühen Vogelarten und kleinen Ur-Säugern auch Fische. Das belegen die Überreste von Gräten im Mageninneren dieses Kreidezeit-Dinosauriers. Auch seine Zahnform legt nahe, dass der Speiseplan des Microraptor vielfältiger war als bisher angenommen, wie Paläontologen im Fachmagazin „Evolution“ berichten.
Um den Luftraum zu erobern, hat die Evolution im Laufe der Entwicklungsgeschichte einige unterschiedliche Modelle hervorgebracht. Gleichsam in Analogie zu den Doppeldecker-Flugzeugen der menschlichen Flugtechnik, gab es einst auch Wesen, die sich mit vier Flügeln durch die Luft schwangen: die Microraptoren. Diese Dinosaurier waren nur etwa so groß wie ein Falke und besaßen Untersuchungen zufolge ein schwarzes, schillerndes Gefieder. Sowohl an den Vorder- als auch Hinterextremitäten trugen sie lange Schwungfedern. Wie die Tiere ihre vier Flügel beim Fliegen allerdings einsetzten und wie gut ihre Flugkünste tatsächlich waren, ist bislang umstritten.
Aus früheren Untersuchungen von Überresten im Verdauungstrakt von Microraptor-Fossilien war bereits bekannt, dass die skurrilen Dinos urtümliche Vogelarten fraßen, die in der Kreidezeit bereits parallel zu ihnen existierten. Auch die ersten Vertreter früher Säugetiere, die in den Bäumen lebten, gehörten offenbar zur Beute der gefiederten Dinosaurier. Man nahm deshalb an, dass Microraptor gui in Wäldern jagte und sich mit seinen vier Flügeln geschickt durchs Geäst manövrieren konnte.
Fischreste im Magen entdeckt
Die aktuelle Studie von Lida Xing von der University of Alberta und ihren Kollgen legt nun nahe, dass Microraptor ein breiteres Nahrungsspektrum besaß als bisher angenommen: Er nutzte auch die Gewässer seines Lebensraums als Nahrungsquelle. „Er ernährte sich von einer ganzen Bandbreite an Beute, die vor 120 Millionen Jahren in dem feuchten, bewaldeten Habitat vorkam“, erklärt Xings Kollege Scott Persons.
Die neuen Erkenntnisse basieren auf der Anaylse der Überreste eines Microraptors aus China, der vor etwa 120 Millionen Jahren in Vulkanasche eingebettet worden war. Das feine Material hatte nicht nur das Skelett des Tieres gut konserviert, sondern auch seinen Mageninhalt erhalten. Dieser offenbarte eindeutig die Überreste von Fisch-Mahlzeiten, wie die Forscher berichten.
Einseitig gezackte Zähne erleichtern Fischfang
Auch die Untersuchungen des Gebisses von Microraptor legen nahe, dass er an den Fang zappelnder und glitschiger Kost angepasst war: Die Zähne waren leicht nach vorn geneigt und besaßen nur auf einer Seite Zacken. Das sei ideal, um Fische aufzuspießen, um sie dann hinunter würgen zu können, sagen die Forscher. Bei anderen fleischfressenden Dinos waren beide Seiten der Zähne gezackt, um Fleisch gleichsam durchsägen zu können. Bei Microraptor verhinderte die einseitige Zackenstruktur dagegen, dass ein zappelnder Fisch versehentlich in zwei Teile zerriss und dem Dinosaurer dann aus dem Maul fiel.
„Microraptor musste nach dem Fang vermutlich einfach nur den Kopf in den Nacken lgen und der Fisch glitt von den Zähne ab und direkt in seinen Rachen“, so Persons. Unterm Strich war Microraptor gui also ein hochentwickelter und und ausgesprochen vielseitiger Räuber der Kreidezeit, resümieren die Paläontologen. (Evolution, 2013; doi: 10.1111/evo.12119)
(University of Alberta, 24.04.2013 – MVI)