Bei einem Vergleich des Erbguts von Rauchern und Nichtrauchern haben deutsche Krebsforscher einen ebenso überraschenden wie wichtigen Unterschied entdeckt: Das Gen F2RL3, das unter anderem bei der Blutgerinnung einen Rolle spielt, ist bei Rauchern deutlich seltener durch chemische Markierungen stillgelegt.
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Die schwächere Markierung des Gens könnte einen ersten Schritt bei der Entstehung von tabakbedingten Herz-Kreislauf-Krankheiten darstellen, so die Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg im „American Journal of Human Genetics“. F2RL3 war bislang noch nie im Zusammenhang mit tabakbedingten Erkrankungen aufgefallen.
Epigenetische Veränderungen
Unterschiede in der genetischen Ausstattung eines Menschen können durch „Schreib-Varianten“ in der Reihenfolge der Genbausteine entstehen. Zunehmend entdecken Biologen jedoch, dass Gene auch durch unterschiedliche chemische Markierungen in ihrer Aktivität beeinflusst werden. Werden etwa Methylgruppen im Bereich der Schalterregionen der Gene, der so genannten Promotoren, angeheftet, kann das Gen nicht mehr abgelesen werden.
Diese so genannten epigenetischen Veränderungen wurden bislang hauptsächlich an einzelnen Genen untersucht. Inzwischen erlauben moderne Methoden, das gesamte Erbgut des Menschen nach solchen chemischen Markierungen zu durchforsten. Im Deutschen Krebsforschungszentrum machten sich Dr. Lutz Breitling und Professor Hermann Brenner gemeinsam mit Kollegen aus dem Universitätsklinikum Heidelberg diese neuen technischen Möglichkeiten zunutze, um das gesamte Erbgut von Rauchern und Nichtrauchern nach Unterschieden in der Methylmarkierung zu durchsuchen.
Verändern Giftstoffe im Tabakrauch die Genmarkierungen?
Die Wissenschaftler vermuteten, dass die zahlreichen Giftstoffe im Tabakrauch die Genmarkierungen verändern könnten und so möglicherweise das Risiko für bestimmte Erkrankungen beeinflussen. Diese Hypothese überprüften sie an 177 Rauchern, ehemaligen Rauchern und lebenslangen Nichtrauchern, in deren Erbgut sie jeweils 27.500 einzelne Positionen in den Schalterregionen von 14.000 verschiedenen Genen untersuchten. Die Ergebnisse der ersten Untersuchung bestätigten die Forscher an weiteren 316 Rauchern und Nichtrauchern.
Die ungeheure Menge von überprüften Positionen für einen mögliche Methyl- Anheftung ermöglichte den Wissenschaftlern, einen hoch spezifischen Unterschied zu entdecken: Bei Rauchern ist ein eng umschriebener Abschnitt im Gen F2RL3 tatsächlich deutlich weniger markiert als bei Nichtrauchern.
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F2RL3 spielt wichtige Rolle bei der Blutgerinnung
Von F2RL3 ist bekannt, dass es bei der Blutgerinnung eine Rolle spielt, auf die Wände der Blutgefäße wirkt und an Entzündungen beteiligt ist. „Erstaunlicherweise ist F2RL3 noch nie im Zusammenhang mit Rauchen oder tabakbedingten Gesundheitsschäden beschrieben worden“, wundert sich Breitling.
Angesichts der bereits bekannten Funktionen dieses Gens sei es gut möglich, dass die schwächere Methylierung einen ersten Schritt bei der Entstehung tabakbedingter Herz-Kreislauferkrankungen darstelle.
Schädliche Auswirkungen des Rauchens bekämpfen
„Natürlich wäre es am allerbesten, wenn die Menschen gar nicht erst anfingen zu rauchen. Das Deutsche Krebsforschungszentrum unterstützt mit dem ‚Rauchertelefon‘ außerdem Raucher dabei, ihrem Laster abzuschwören. Trotzdem rauchen viele Menschen weiter und leiden an den bekannten tabakbedingten Erkrankungen. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie der Tabakkonsum Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördert, um den schädlichen Auswirkungen möglichst gezielt entgegen treten zu können“, erläutern Breitling und Brenner das Ziel ihrer Arbeit. (American Journal of Human Genetics, 2011, doi:10.1016/j.ajhg.2011.03.003)
(Deutsches Krebsforschungszentrum, 04.04.2011 – DLO)