Biologie

Reiche haben mehr krabbelnde Mitbewohner

Zahl der Arthropoden in Innenräumen steigt mit dem Einkommen der Hausbesitzer

Silberfischchen, aber auch viele Spinnen, Fliegen und Ameisen sind typische Mitbewohner unsererer Wohnungen und Häuser. © Christian Fischer/ CC-by-sa 3.0

Luxus-Effekt: Wer glaubt, bei armem Leuten gibt es mehr Ungeziefer, der irrt. Stattdessen ist die Zahl der krabbelnden Mitbewohner sogar umso höher, je reicher ein Hausbesitzer ist, wie Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“ berichten. Der wahrscheinliche Grund: Reichenviertel sind meist grüner und bieten daher mehr Arthropoden einen Lebensraum – und die statten dann auch den Innenräumen häufiger Besuche ab.

Wir sind nicht allein: Erst vor kurzem haben Forscher aufgedeckt, dass wir unsere Wohnungen im Mittel mit 100 verschiedenen Arten von Insekten, Krebsen und Spinnentieren teilen – und damit mit weit mehr „Mitbewohnern“ als gedacht. Viele dieser ungebetenen Untermieter stammen von draußen und verirren sich nur vorübergehend in unser Domizil. Andere dagegen haben sich an ein Leben mit dem Menschen angepasst.

Mehr Krabbeltiere bei den Reichen

Weitere Details zur krabbelnden Lebenswelt unserer Häuser haben nun Misha Leong von der California Academy of Sciences und seine Kollegen herausgefunden. Für ihre Studie hatten sie untersucht, welchen Einfluss das Wohnviertel, der Wohlstand der Hausbesitzer, die umgebende Vegetation und die Größe des Hauses für die Arthropodenzahl im Hausinneren spielen.

Das unerwartete Ergebnis: Je wohlhabender die Besitzer, desto mehr krabbelnde Untermieter beherbergte ihr Domizil. „Wir waren überrascht über den starken und durchgängigen Zusammenhang von Arthropodenvielfalt und dem durchschnittlichen Einkommen im Viertel“, berichten die Forscher. Entgegen landläufiger Annahme sind damit die Wohnungen der Reichen und nicht der ärmeren Leute wahre Hochburgen krabbelnden Lebens.

Der „Luxus-Effekt“ ist schuld

Erklären lässt sich dies nach Ansicht der Wissenschaftler mit dem „Luxus-Effekt“: „Wohlstand, gemeinsam mit den ihn begleitenden Phänomenen, beeinflusst häufig die Artenvielfalt im Umfeld positiv“, erklären Leong und seine Kollegen. So haben frühere Studien ergeben, dass beispielsweise in reicheren Stadtvierteln mehr Vögel, Echsen und Fledermäuse vorkommen.

Kugelspinnen gehören zu den eher nützlichen Mitbewohnern unserer Haushalte. © Matt Bertone

Der Grund dafür: Dort, wo wohlhabende Leute wohnen, haben die Häuser meist größere Gärten und die Viertel sind insgesamt grüner. Für viele Tiere bieten sie daher einen guten Lebensraum – und das ist für Spinnen, Asseln und Co offenbar nicht anders, wie die aktuelle „Volkszählung“ der Arthropoden belegt.

Indirekter Einfluss

„Der Wohlstand der Bewohner trägt wahrscheinlich indirekt zur Arthropodenzahl bei“, vermuten die Forscher. „Er beeinflusst die Pflanzenbedeckung und -vielfalt in der Nachbarschaft und das fördert die Artenvielfalt von mit der Vegetation assoziierten Arthropoden.“ Diese wiederum finden dann im Laufe der Zeit auch immer wieder ihren Weg in die Innenräume.

„Die Mehrheit der drinnen gefundenen Arthropoden sind Fliegen, Spinnen und Ameisen – Tiergruppen, die auch draußen häufig sind“, erklären Leong und seine Kollegen. „Daher ist die Arthropoden-Diversität in den Innenräumen immer auch ein Spiegel der Artenvielfalt draußen.“ Aber nicht nur: Auch in den Häusern der Reichen fanden die Forscher typische Dauergäste wie Kugelspinnen, Silberfischchen und Co.

„Unser unerwarteter und scheinbar widersprüchlicher Fund einer höheren Arthropodenvielfalt bei Reichen unterstreicht, wie viel wir noch über die Ökologie unserer Innenräume lernen müssen“, konstatieren die Wissenschaftler. (Royal Society Biology Letters, 2016; doi: 10.1098/rsbl.2016.0322)

(Royal Society, 03.08.2016 – NPO)

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