Rhesusaffen haben möglicherweise doch mehr Ich-Bewusstsein als bisher angenommen. Versuche amerikanischer Forscher zeigen, dass die Affen ihre Handlungen und deren Konsequenzen eindeutig als die eigenen erkennen. „Dieser implizite Sinn dafür, dass ‚ich‘ es bin, der gerade eine Körperbewegung ausführt oder etwas denkt, ist eine wichtige Form der Selbsterkenntnis“, sagt Justin J. Couchman von der University at Buffalo.
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Im Experiment bewegten die vor zwei Computerbildschirmen sitzenden Tiere mittels Joystick einen Mauszeiger. Auf beiden Bildschirmen bewegte sich daraufhin ein Cursor, aber nur einer davon führte die von ihnen kontrollierten Bewegungen aus. Die Affen erkannten den richtigen jedoch ohne Probleme. „Wenn die Rhesusaffen dazu fähig sind, sich als Auslöser bestimmter Handlungen zu sehen, dann nehmen sie sich selbst auch als von der Umwelt unabhängige Einheiten wahr“, vermutet Couchman. Bisher galt diese Affenart als ohne Ich-Bewusstsein, da die Tiere sich selbst im Spiegel nicht erkennen.
Spiegelbild als Test des Ich-Bewusstseins
Wenn wir Menschen in den Spiegel sehen und dabei auf unserem Gesicht einen Fleck entdecken, ist uns klar, dass wir unser eigenes Gesicht waschen müssen. Unser Ich-Bewusstsein lässt uns das Gesicht im Spiegel als das unsrige erkennen. Auch Schimpansen, Orang-Utans und sogar Elefanten, Delfine oder Elstern bestehen diesen klassischen Spiegeltest. Ähnlich wie Hunde und Katzen gelingt dies den Rhesusaffen jedoch nicht.
Der Spiegeltest fragt jedoch nur eine spezielle Form des Ich-Bewusstseins ab. „Basierend auf vorhergehenden Erkenntnissen in der vergleichenden Kognitionsforschung dachten wir uns daher, dass Rhesusaffen möglicherweise doch eine Form des Ich-Bewusstseins besitzen, auch wenn sie den Spiegeltest nicht bestehen“, sagt Couchman. Ein Test des Handlungsbewusstseins, und damit eines Teilaspekts der Selbsterkenntnis sollte dies klären.
Rhesusaffen genauso erfolgreich wie menschliche Studenten
In ihrem Versuch verglichen die Kognitionsforscher 40 Studenten und vier Rhesusaffen des Language Research Center an der Georgia State University miteinander. Tierische und menschliche Probanden bewegten einen Joystick, worauf in zwei parallelen Bildschirmen jeweils ein sich bewegender Cursor erschien. Die Getesteten sollten zeigen, welcher von beiden tatsächlich von ihnen gesteuert wurde. Der andere folgte ihren Bewegungen nur teilweise.
Beide Arten absolvierten diesen Test erfolgreich: Sowohl Menschen als auch Rhesusaffen konnten den Cursor, der von ihnen gesteuert wurde, identifizieren. Nach Angaben der Forscher ist dies die erste Demonstration eines Handlungsbewusstseins bei einer Tierart, die im Spiegeltest versagt.
Möglicherweise eröffnen die Versuchsergebnisse neue Chancen herauszufinden, warum auch einige Autisten, Alzheimer-Kranke und Menschen mit schwerer Schizophrenie den Spiegeltest nicht mehr bestehen. „Es ist nicht klar, warum bei ihnen dieses Defizit auftritt. Aber weitere Versuche könnten Informationen darüber liefern, ob das Versagen ihrer Spiegel-Selbsterkennung auf ein Problem in der Verarbeitung von Sinnesreizen oder aber von kognitiven Informationen beruht“, erklärt Couchman. (Biology Letters, in press)
(Biology Letters / University at Buffalo, 06.07.2011 – NPO)