Biologie

Riesen-Insekten würden heute ersticken

Engpässe im Tracheensystem limitieren die maximale Größe

Engpässe im Atmungssystem limitieren die maximale Größe von Insekten. © Argonne National Laboratory

Vor rund 300 Millionen Jahren bevölkerten noch Insekten von fast einem Meter Flügelspannbreite die Erde. Heute allerdings gibt es solche Rieseninsekten nicht mehr. Warum, das haben jetzt amerikanische Wissenschaftler herausgefunden. Schuld sind spezielle Engpässe im Atmungssystem der Insekten.

Heute wären es Schrecken erregende Mutanten, damals jedoch, im späten Paläozoikum vor rund 300 Millionen Jahren, waren sie alltäglich: Insekten von einem halben Meter Größe und bis zu 75 Zentimetern Flügelspannbreite. Warum heute solche Rieseninsekten nicht mehr möglich wären, haben jetzt Forscher des Argonne National Laboratory der USA untersucht. Schon länger vermuteten Biologen, dass der zu dieser Zeit besonders hohe Sauerstoffgehalt der Atmosphäre eine Rolle gespielt haben könnte, verbunden mit dem speziellen Atmungssystem der Insekten.

Röhrensystem statt Blut

Im Gegensatz zu uns Säugetieren ist es bei den Insekten nicht das Blut, das den Sauerstoff aus den Lungen zu den Muskeln und Geweben transportiert, sondern ein spezielles Röhrensystem, die Tracheen. Der Sauerstoff tritt durch winzige Poren in der Körperwand ein und wird dann durch diese blind endenden, teilweise flüssigkeitsgefüllten Röhrchen bis zu den Organen und Muskeln geleitet. Da dieses System deutlich weniger effektiv ist als unser Blutgefäßsystem, haben Wissenschaftler schon seit längerem vermutet, dass die Sauerstoffversorgung und die Länge der Tracheen bestimmen, wie groß ein Insekt werden kann.

Diese Hypothese habe die Argonne-Forscher jetzt bestätigt und gleichzeitig herausgefunden, welcher Teil des Tracheensystems der limitierende Faktor ist. Dazu untersuchten sie das Tracheensystem von Käfern verschiedener Größe mithilfe von detaillierten Röntgenbildern, die sie mit der Advanced Photon Source (APS) des Argonne Laboratoriums erstellten. Das Forscherteam konzentrierte sich dabei besonders auf die Passagen, die vom Rumpf in die Extremitäten und den Kopf führen. Ihre Hypothese: Diese Durchgänge könnten eine Art „Flaschenhals“ für die Tracheen darstellen und damit die Menge an Sauerstoff begrenzen, die dort hindurch transportiert werden kann.

Beinöffnungen als Flaschenhals

Die Bilder zeigten zunächst, dass bei den größeren Käferarten das Tracheensystem einen unproportional größeren Anteil der Körpermasse ausmachte als bei den kleineren. Gleichzeitig aber bestätigten sie auch die Flaschenhals-Hypothese: „Wir waren überrascht festzustellen, dass der Effekt in den Durchgängen, die zu den Beinen führen, besonders deutlich ist“, erklärt Alex Kaiser, Biologe der Midwestern Universität und Mitarbeiter der Studie. „Mehr und mehr Platz wird hier bei größeren Insekten von den trachealen Röhren eingenommen.“

Aus dem ermittelten Messdaten für diese limitierenden Faktoren versuchten die Wissenschaftler als nächstes vorherzusagen, wie groß der größte heute lebende Käfer theoretisch werden könnte. Wenn sie den Kopfdurchgang als Grundlage nahmen, kamen sie auf eine unrealistische Größe von mehr als 30 Zentimetern Körperlänge. Gingen sie jedoch von den Beinöffnungen aus, stimmte die errechnete Maximalgröße ziemlich genau mit den tatsächlichen Maßen des größten heute bekannten Käfers, Titanus giganteus, überein.

“Diese Studie ist ein erster Schritt zum Verständnis darüber, was die Körpergröße von Insekten kontrolliert“, erklärt Jake Socha vom Argonne Laboratorium. „Für die hier untersuchten Käfer sind es die Beine, die zählen. Aber für die tausenden von anderen Käferarten und die Millionen von anderen Insekten ist diese Frage noch immer ungeklärt.“

(Argonne National Laboratory, 13.08.2007 – NPO)

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