Verblüffende Entdeckung: Eine im Stechlinsee vorkommende Mikrobe entpuppt sich als „multiple Persönlichkeit“. Denn sie ist nicht nur 30.000 Mal größer als normale Bakterien, sie trägt auch hunderte verschiedener Genome in sich. Geht man nur nach dem Erbgut, vereint ein einziges dieser Riesenbakterien die Gene mehrere verschiedener Arten in sich. Warum dieses Bakterium diese interne Vielfalt mit sich herumträgt, ist bisher unklar und auch wie sie es schafft, trotzdem als Art sie selbst zu bleiben.
Eigentlich gilt für Bakterien: je kleiner, desto besser. Denn die Mikroben verlassen sich fürs Fressen und sonstigen Stoffwechsel weitgehend auf die Diffusion. Werden sie zu groß, funktioniert dieses passive Transportsystem nicht mehr. Umso überraschter waren daher Mikrobiologen, als sie vor einigen Jahren die ersten Riesenbakterien entdeckten. Mittlerweile sind schon mehrere solcher bis zu 0,75 Millimeter großen Bakterien bekannt, auch im Süßwasser.
Riesenbakterium im Stechlinsee
Das größte Süßwasserbakterium der Welt, Achromatium oxaliferum, kommt sogar in deutschen Seen vor: Es lebt unter anderem im Sediment des Stechlinsees in Brandenburg. Die Riesenmikrobe ist 30.000 Mal größer als normale im Wasser lebende Bakterien und dank ihrer Kalkeinlagerungen mit dem bloßen Auge erkennbar. Sie gewinnt ihre Energie, indem sie den im Schlamm vorkommenden Schwefel oxidiert.
So weit, so bekannt. Doch was Forscher um Danny Ionescu vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin herausgefunden haben, ist selbst für erfahrene Mikrobiologen erstaunlich. Für ihre Studie hatten sie erstmals das Erbgut einzelner Zellen von Achromatium oxaliferum aus dem Stechlinsee sequenziert.