Die Ohren von Säugetieren sind besser auf das Hören tieffrequenter töne optimiert als bisher gedacht. Wie Forscher jetzt feststellten, reicht schon das Feuern sehr weniger Sinneszellen aus, um ein Signal an das Hörzentrum des Gehirns zu senden. Zudem ist das System in der Lage, die winzigen Zeitverzögerungen zwischen beiden Ohren zu verrechnen und daraus die Richtugn des SCHalls zu ermitteln.
Wo ist links? Da wo der Daumen rechts ist – und da, wo das linke Ohr zuerst hört. Die Lokalisation einer tieffrequenten Schallquelle ist etwa für Räuber und Beute im Tierreich oft von überragender Bedeutung. Auch beim Menschen gelingt das Richtungshören dank zweier Ohren und zweier Signale, dem Schalldruck und der Ankunftszeit des Schalls. Dabei empfängt das schallzugewandte Ohr dasselbe tieffrequente Geräusch etwas früher als das schallabgewandte Ohr, wobei die zeitliche Differenz im Mikrosekundenbereich liegt. Dieser zeitliche Unterschied wird im Gehirn verrechnet. Die betreffenden Neuronen erhalten Signale von beiden Ohren und werden je nach Richtung der Schallquelle erregt oder gehemmt.
Ein Team von Forschern der Universität München konnte nun unter der Leitung von Felix Felmy zeigen, dass bei tieffrequentem Schall im Säugerhirn nur sehr wenige Fasern inhibiert und auch nur sehr wenige Fasern erregt werden. Trotzdem haben sie auf das jeweils zugehörige Ausgangsneuron des Schaltkreises eine sehr stark hemmende Wirkung oder aktivieren es überschwellig.
Das war überraschend, denn bisher war die Forschung davon ausgegangen, dass sehr viele erregende Fasern gleichzeitig feuern müssen, um die aktivierung über die kritsche Schwelle zu bringen. Stattdessen reicht offenbar eine sehr geringe Anzahl neuronaler Inputs aus, um den neuronalen Schaltkreis zeitlich extrem präzise überschwellig zu erregen.
„Dabei ist die alltäglich wichtige Lokalisation von tieffrequentem Schall eine neuronale Spitzenleistung des Säugerhirns: Es ist der neuronale Mechanismus, der am zeitlich präzisesten Signale detektieren kann, die über gleichzeitig stattfindende Ereignisse vermittelt werden“, berichtet Felmy. „In diesem Fall handelt es sich um Schall, der nicht gleichzeitig auf die beiden Ohren auftrifft, obwohl er von derselben Schallquelle stammt. Wir wollen diese Prozesse nun im Detail untersuchen und auch die Interaktion der erregenden und hemmenden Eingänge studieren.“ (The Journal of Neuroscience, 15. Dezember 2010)
(Universität München, 17.12.2010 – NPO)