Bewusster als gedacht: Wenn Säuglinge scheinbar unkontrolliert mit ihren Armen fuchteln, ist dies mehr als nur instinktiver Bewegungsdrang, wie nun Beobachtungen nahelegen. Demnach erzeugen Neugeborene mit ihren Armbewegungen visuelle Reize, mit denen sie allmählich lernen ihre Arme gezielt zu steuern. Bekommen Säuglinge die Möglichkeit, ihre Arme frei zu bewegen, könnte das ihre Gehirnentwicklung fördern, so die Forschenden.
Säuglinge gelten als hilfsbedürftige Wesen: Sie können ohne einen Erwachsenen nicht überleben. Denn sie sind weder in der Lage ihre Gefühle noch ihren Körper bewusst zu steuern, weil ihre Großhirnrinde noch nicht ausgereift genug ist. Zwar versuchen Säuglinge, die Eindrücke ihrer Umwelt einzuordnen, können manchmal sogar falsche Silbenkombinationen erkennen und haben einen Sinn für Mengen und Physik. Gesten, Sprache und Bewegungen müssen sie aber dennoch erst lernen.
Hand ans Ohr
Aber sind die Bewegungen von Neugeborenen wirklich nur Reflexe? Oder könnten die sie bewusster gesteuert sein als bisher angenommen? Audrey van der Meer von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens (NTNU) hält dies auf Basis ihrer bisherigen Forschungen für sehr wahrscheinlich. Messungen von Hirnströmen belegen beispielsweise, dass schon das Gehirn Neugeborener spezifische Erregungsmuster bei Annäherung von Objekten und auch seiner eigenen Arme zeigt.
Zudem beobachtete die Wissenschaftlerin, dass blinde Säuglinge ihre Arme zumindest in Teilen bewusst zu bewegen scheinen: Sie bringen ihre Arme immer dann zu ihrem Ohr, wenn sie die Stimme ihrer Mutter aus einem kleinen Lautsprecher an ihrem Handgelenk hörten. „Dieses Experiment lieferte starke Beweise dafür, dass Neugeborene in der Lage sind, ihre Arme bewusst in Richtung ihrer Ohren zu bewegen“, so van der Meer.