Wenn Säuglinge in einer zweisprachigen Umgebung aufwachsen, verschiebt sich die Phase der entscheidenden Sprachprägung bei ihnen weiter nach hinten. Das haben US-amerikanische Forscher jetzt herausgefunden. Bilinguale Kinder lernten die typischen Sprachmuster ihrer beiden Sprachen erst mit etwa zehn bis zwölf Monaten zu erkennen, berichten die Forscher im Fachmagazin „Journal of Phonetics“. Das lasse sich an einem typischen Hirnstromsignal erkennen. Bei Kindern mit nur einer Muttersprache sei die Prägungsphase dagegen in diesem Alter bereits abgeschlossen. Das Gehirn reagiere dann nur noch auf typische Laute der Muttersprache.
Dass bereits wenige Monate alte Säuglinge die typischen Laute und die Sprachmelodie ihrer Muttersprache erkennen können, ist seit einigen Jahren bekannt. „Das Kindergehirn stimmt sich in dieser sensiblen Entwicklungsperiode auf die Klänge einer Sprache ein“, sagt Studienleiter Adrian Garcia-Sierra von der University of Washington. Bisher sei aber fast nichts darüber bekannt gewesen, wie dieser Prägungsprozess bei bilingualen Säuglingen ablaufe. In ihrer Studie haben Forscher nun wichtige Unterschiede in diesem Prägungsprozess bei ein- und zweisprachig aufwachsenden Kindern aufgedeckt.
Über die Messung der Gehirnreaktion sei sogar eine Vorhersage über die Vorlieben der Kinder beim Sprechenlernen möglich gewesen, berichten die Wissenschaftler: Reagierte ihr Gehirn im Alter von zehn Monaten bei einer Sprache stärker als bei der anderen, benutzten die Kinder mit 15 Monaten auch mehr Vokabeln aus dieser Sprache.
Hirnströme der Kleinkinder mit EEG-Kappen „belauscht“
Für ihre Studie begleiteten die Forscher Kinder aus rein englischen, rein spanischen und spanisch-englisch gemischten Haushalten über gut ein Jahr hinweg. In regelmäßigen Abständen wurden die Kinder dabei Sprachtests unterzogen. Die Säuglinge trugen während der Tests eine leichte Kappe mit Elektroden, die ihre Hirnströme aufzeichneten. Die Kinder konnten damit ganz normal spielen oder auf einer Decke liegen.