Verräterische Pupillen: Ob wir jemandem vertrauen, hängt auch von seinen Augen ab. Denn unbewusst achten wir darauf, ob unser Gegenüber seine Pupillen weiter oder verengt. Ist Ersteres der Fall, neigen wir eher dazu, ihm zu vertrauen, wie ein Experiment belegt. Dieses unwillkürliche und unbewusst wahrgenommene Pupillensignal spielt daher eine wichtige Rolle für unsere sozialen Interaktionen, so die Forscher im Fachmagazin „Psychological Science“.
Wenn es darum geht, jemanden zu vertrauen, dann schauen wir genau hin. Denn unbewusst wertet unser Gehirn verschiedenste Merkmale unseres Gegenübers aus, um zu entscheiden, ob er vertrauenswürdig ist. So spielt beispielsweise ein authentisches Lächeln eine wichtige Rolle, aber auch die Gesichtszüge und sogar die Stimme. Jetzt zeigt sich, dass auch unsere Pupillen verräterische Signale senden.
Pupillenweite als Signal
Schon länger ist bekannt, dass sich unsere Pupillen bei Freude, aber auch bei sexueller Erregung unwillkürlich weiten. Geweitete Pupillengelten aber auch als Zeichen der Sicherheit, verengte dagegen als Signal von Angst oder Aggression. Ob die Pupillenweite eines Gegenübers auch eine Rolle dafür spielt, ob wir ihm vertrauen, haben Mariska Kret von der Universität Leiden und ihre Kollegen nun in einem Experiment untersucht.
Dafür spielten sie 61 Studenten kurze Videoclips vor, in denen jeweils die Augenpartie eines ihnen fremden Menschen zu sehen war. Was die Probanden nicht wussten: Die Filme waren so manipuliert, dass sich die Pupillen der Dargestellten in der kurzen Zeit entweder weiteten, gleich bleiben oder sich zusammenzogen. Die Versuchsteilnehmer sollten nun entscheiden, ob sie der Person fünf Euro zum Investieren geben würden oder nicht. In Aussicht stand ihnen dabei ein Anteil der dreifachen Summe – wie hoch dieser Anteil aber war, bestimmte angeblich der unbekannte Gegenüber.
Sich weitende Pupillen wecken Vertrauen
Und tatsächlich: Die Probanden entschieden sich häufiger, ihrem unbekannten Gegenüber zu vertrauen und ihm Geld zu geben, wenn dessen Pupillen sich im Video weiteten. Denjenigen, deren Pupillen sich verengten, trauten sie jedoch nicht. Unbewusst registrieren wir demnach schon an so Details wie den Pupillen, in welcher Stimmung unser Gegenüber ist.
„Die Menschen unterschätzen die Bedeutung der Pupillen – trotz der Tatsache, dass wir jeden Tag in sie hineinsehen“, erklärt Kret. „Denn die Pupille ist eine reiche Quelle sozialer Information – wir können beispielsweise ein Lächeln vortäuschen, aber unsere Pupillen können wir nicht willkürlich steuern.“
Unwillkürliches Spiegeln
Doch das war noch nicht alles: Eyetracking-Aufnahmen der Augen der Probanden enthüllten, dass auch die Pupillen der Teilnehmer auf das Video reagierten. Sie neigten dazu, das Verhalten ihres Gegenübers zu spiegeln. Weiteten sich die Pupillen im Film, taten dies oft auch die der Probanden, wie die Forscher berichten.
Besonders ausgeprägt war diese Spiegelung, wenn sich die Teilnehmer entschlossen hatten, einem Gegenüber mit weiten Pupillen zu vertrauen. „Diese Ergebnisse zeigen, dass Menschen ihre Pupillengröße mit andern synchronisieren“, sagt Kret. „Dieses Verhalten – über das wir keine willkürliche Kontrolle besitzen – beeinflusst dann wiederum unsere sozialen Entscheidungen.“
Nicht bei „Fremden“
Allerdings: Diese vertrauensbildende Spiegelung trat nur dann auf, wenn die Augen des Gegenübers ebenfalls einem Westeuropäer gehörten. Sahen die Teilnehmer asiatische Augen, blieb diese Reaktion aus. Demnach spielt auch die Gruppenzugehörigkeit eine wichtige Rolle dafür, wie wir auf Pupillensignale reagieren. Diese gruppenspezifische Reaktion könnte schon auf das Sozialleben unserer frühen Vorfahren zurückgehen, wie die Forscher erklären. Denn schon vor Millionen Jahren lebten die Vormenschen in Gruppen zusammen – und lernten, Gruppenmitgliedern mehr zu vertrauen als Fremden.
„Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die wichtige Rolle, die das menschliche Auge spielt“, so die Forscher. „Die Pupillensignale sind in sozialen Interaktionen nützlich und fördern gruppeninterne Beziehungen genauso wie das Überleben oder den Wohlstand.“ (Psychological Science, 2015; doi: 10.1177/0956797615588306)
(Association for Psychological Science, 04.08.2015 – NPO)