Bioinvasive Arten gelten heute als eine der großen Bedrohungen für Ökosysteme und Artenvielfalt. Jetzt haben Forscher mit Hilfe von Schiffstransponderdaten und komplexen Computermodellen die Routen der Frachtschiffe durch die fünf Weltmeere analysiert und ein mathematisches Muster entdeckt, mit dem sich auch Ausbreitung invasiver Organismenarten quantifizieren lässt.
Die Pazifische Auster im norddeutschen Wattenmeer, eine Rippenqualle aus dem kaspischen Meer in der Ostsee, die chinesische Wollhandkrabbe im Rhein: Sie sind Beispiele für so genannte bioinvasive Arten, die in Ökosysteme eindringen, in die sie nicht hingehören. Dort verbreiten sie Chaos und verursachen Schäden in Milliarden Höhe. Die stetige Intensivierung des globalen Schiffsverkehrs führt ungewollt zur weltweiten Ausbreitung bestimmter Arten. Allein in der Nordsee leben mittlerweile mehr als 200 Arten, die hauptsächlich durch Schiffe eingeschleppt wurden. Einmal eingewandert lassen sich invasive Arten nur schwer ausrotten oder kontrollieren.
„Die effektivste Strategie liegt daher in der Vermeidung von Bioinvasion“, erklärt Bernd Blasius, Professor für Mathematische Modellierung an der Universität Oldenburg. Es sei unmöglich, alle Schiffe zu kontrollieren, deshalb solle eine effektive Prävention auf Hochrisiko- Schiffe und -Häfen abzielen. Bisher scheiterten solche Versuche an fehlenden Kenntnissen über die globale Ausbreitungsdynamik potenziell invasiver Arten. Genau dies hat nun seine Forschergruppe untersucht.
Transponderdaten zeigen Ausbreitungsmuster
Seit 2003 werden alle größeren Schiffe mit Transpondern ausgerüstet, die spezifische Daten wie Standort, Datum und Schiffsidentität an fest installierte Stationen senden. Auf Basis dieser Daten erstellten die Forscher ein Netzwerk der globalen Schiffsbewegungen. Insgesamt beinhaltet der Datensatz etwa 1.000 Häfen, 16.000 Schiffe und 500.000 Schiffsbewegungen. Daraus ergibt sich ein komplexes Knäuel an Verbindungen. Die Ausbreitungsmuster auf diesem komplexen Netzwerk sind in der Regel äußerst kompliziert und lassen sich ohne Computersimulation nicht vorhersagen.
Die Forschergruppe entwickelte nun ausgehend von diesen Erkenntnissen weitere Modelle zur Simulation von möglichen Invasionsszenarien und zur Berechnung des Risikos von Bioinvasion auf spezifischen Routen und für bestimmte Regionen. Weiterhin soll das marine Schiffnetzwerk mit anderen Verkehrsnetzwerken wie Flugverbindungen oder Binnenschifffahrten kombiniert werden. Das Ziel ist eine vollständige Bewertung des Risikos einer Bioinvasion anhand der Charakterisierung der Warenflüsse im globalen Welthandel.
(Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, 18.01.2010 – NPO)