Pilze können Pflanzen vor Krankheiten schützen und gleichzeitig ihr Wachstum fördern, das zeigen genetische Studien von Forschern der TU Wien. Pilze könnten daher zukünftig häufiger als umweltfreundliche Pflanzenschutz- und Düngemittel eingesetzt werden, meinen die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Reviews Microbiology“.
Wir kennen sie aus dem Garten, aus feuchten Kellern oder auch aus dem Kühlschrank: Schimmelpilze sind fast überall zu finden. Ihr Erfolg liegt an ihrer unglaublichen Vielseitigkeit. Je nach den äußeren Bedingungen können Schimmelpilze ganz unterschiedliche Überlebensstrategien einschlagen, und manche dieser möglichen Pilz-Lebensformen können sehr nützlich für Pflanzen sein. „Nur mit genetischen Analysen lässt sich herausfinden, welcher Pilz zu welcher Spezies gehört – und
wozu die einzelnen Spezies fähig sind“, erklärt Irina Druzhinina vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien.
Blick in die genetische Trickkiste
Das Genom von drei besonders wichtigen Pilzarten der Gattung Trichoderma ist bereits vollständig sequenziert. Mit Hilfe von Computeranalysen lässt sich nun untersuchen, wie die Pilze
evolutionsbiologisch voneinander abstammen und wo die Besonderheiten und Stärken der einzelnen Schimmelpilz-Arten liegen. „Ein genauer Blick auf das Genom zeigt, welches Potenzial in den Pilzen steckt und wie vielseitig sie sind“, sagt Druzhinina.
In der Pilz-DNA fanden sich besonders viele Gene, die mit sensiblem Wahrnehmen äußerer Einflüsse in Verbindung zu bringen sind. Die Pilze können daher auf subtilste Signale von außen reagieren. Außerdem sind die Trichoderma-Pilze genetisch bestens dafür ausgestattet, von außen Zucker aufzunehmen – von Pflanzen, und sogar von anderen Pilzen. Sie können sich auf feuchten wie auch auf trockenen Oberflächen festhalten, auf menschlicher Haut, auf Pflanzen oder tief im Wurzelwerk. Außerdem ist in ihrem Genom ein ganzes Arsenal an chemischen Waffen codiert. Sie können mit mächtigen Giftstoffen andere Pilze genauso attackieren wie etwa Bakterien.
Natürliche Chemiefabrik
Dieses genetische Wissen ist nötig, um die 160 weiteren Trichoderma- Spezies zu verstehen, die an der TU Wien untersucht werden. Seit Jahren sammelt die Forschungsgruppe von Christian Kubicek Information über die Pilze – mittlerweile verfügt man über eine international beachtete Sammlung von Daten und Pilzkulturen. „Für uns ist es wichtig, die Evolutionsbiologie der Pilze zu verstehen, und gleichzeitig die Lebensweise der Pilze in unterschiedlichen Umgebungen zu studieren“, erklärt
Druzhinina. Dadurch wird es möglich, treffsicher die richtigen Pilze für eine bestimmte Anwendung herauszusuchen.
Anstatt chemische Pflanzenschutzmittel gegen bestimmte Pflanzenkrankheiten einzusetzen lässt sich – mit dem entsprechenden mikrobiologischen Wissen – eine Pilz-Spezies finden, die auf ganz natürliche Weise eine ähnliche Wirkung hat. Im optimalen Fall wird zusätzlich auch noch das Wachstum der Pflanze gefördert. „Diese Pilze könnte man ganz einfach auf Felder aufbringen, so wie man das heute mit Kunstdünger macht“, meint Druzhinina.
Wichtig ist es dabei, das lokale Ökosystem nicht zu stören. Pilze sollen nur dort eingesetzt werden, wo sie auch natürlich vorkommen. „Um Pflanzenkrankheiten von Kaffeebohnen in Afrika zu heilen wird man daher andere Pilze verwenden als jene, die bei uns in Europa vorkommen“, erklärt Druzhinina. Doch überall auf der Welt findet man eine Vielfalt von Trichoderma-Pilzen. Es geht also nur noch darum, sie ausreichend gut zu verstehen, um überall die richtigen Spezies für die richtige Anwendung auswählen zu können.
(TU Wien, 28.10.2011 – NPO)