Dominant zu sein hat auch Nachteile – zumindest wenn man ein männlicher Schimpanse ist. Wissenschaftler haben in einer Studie an wildlebenden Schimpansen in Uganda festgestellt, dass eine ranghohe Stellung nicht nur das Verhalten und die Testosteronwerte ändert, sondern auch einen stärkeren Befall mit Parasiten mit sich bringt. Möglicherweise wirkt das Geschlechtshormon dämpfend auf die Abwehr der Tiere, so die Forscher in der Fachzeitschrift „BioPsychoSocial Medicine“.
Von in Gruppen lebenden Primaten ist bekannt, dass die Rangposition der Männchen sich nicht nur in ihrem Verhalten, sondern auch in deren Hormonhaushalt wiederspiegelt: Dominante Männchen besitzen einen höheren Testosterongehalt als rangniedrigere. Doch möglicherweise bringt die höhere Position auch eine Last mit sich: Denn unter bestimmten Umständen kann das männliche Geschlechtshormon auch das Immunsystem hemmen. Ein Forscherteam der Indiana Universität und der Yale Universität hat genau diese „Nebenwirkung“ jetzt genauer untersucht.
Um herauszufinden, welchen Einfluss die Rangstellung und damit der Hormonwert auf die Gesundheit der Tiere hat, sammelten die Forscher Kotproben von 22 freilebenden männlichen Schimpansen im Kibale Nationalpark in Uganda. Zudem beobachteten und verglichen sie das Verhalten der Tiere, um deren Rang zu beurteilen. Den Kot analysierten sie daraufhin sowohl auf den Testosterongehalt als auch auf Hinweise von Parasitenbefall beispielsweise in Form von Larven, Eiern und ähnlichem.
„Bosse“ haben mehr Parasiten im Kot
Die Ergebnisse zeigten wenig überraschend, dass die im Kot gemessenen Testosteron-Werte direkt mit dem Rang der Tiere in der Gruppe verknüpft waren. Je dominanter ein Männchen war, desto höher auch die Hormonkonzentrationen. Gleichzeitig jedoch stellten die Forscher einen weiteren Zusammenhang fest: Tiere mit höheren Testosteronwerten waren offenbar deutlich stärker von Parasiten befallen als ihre weniger dominanten Artgenossen. In ihrem Kot fanden sich mehr und andere Spuren von „Mitbewohnern“.
„Unseres Wissens nach liefert dies die erste Analyse der Beziehung zwischen Testosteron, Infektion und Dominanzstatus bei Primaten und eine der ersten dieser Art bei wildlebenden Säugetieren“, erklärt Michael Muehlenbein von der Indiana Universität.
Schlechtere Abwehr oder stärkere Exposition?
Nach Angaben der Forscher gibt es nun zwei mögliche Erklärungen für den stärkeren Parasitenbefall: Zum einen könnte der erhöhte Testosteronwert tatsächlich die Abwehrkräfte des Immunsystems verringern und damit einen Befall erleichtern. Zum anderen aber wäre es auch möglich, dass die dominanten Männchen häufiger und intensiver mit anderen Tieren in Kontakt kommen und dadurch ein höheres Risiko haben, sich Parasiten einzufangen. Welche der beiden Erklärungen zutrifft, sollen jetzt weitere Studien zeigen.
(BioMed Central Limited, 09.12.2010 – NPO)