Medizin

Schleppen Zugvögel ein neues Tropenvirus ein?

Erreger eines hämorrhagischen Fiebers bei heimkehrenden Singvögeln nachgewiesen

Der Schilfrohrsänger überwintert in Afrika – und kann bei seiner Heimkehr mit dem Alkhurma-Virus infizierte Zecken tragen. © Marek Szczepanek/ CC-by-sa 3.0

Zugvögel als Virentransporter: Aus Afrika heimkehrende Zugvögel könnten ein neues hämorrhagisches Fieber nach Europa einschleppen. Denn Forscher haben bereits sechs mit dem Alkhurma-Virus infizierte Zecken bei heimkehrenden Zugvögeln im Mittelmeerraum nachgewiesen. Die Überträger-Zeckenart, Hyalomma rufipes, ist sogar schon in Deutschland gefunden worden. Das Risiko einer Einschleppung dieser Erreger nach Europa sei damit durchaus gegeben, warnen die Forscher.

Blutsaugende Insekten und Zecken gelten als Hauptüberträger vieler gefährlicher Infektionskrankheiten – gerade in tropischen Gefilden. Doch mit dem Klimawandel breiten sich viele wärmeliebende Mücken- und Zeckenarten immer weiter nach Norden aus – bis ins Mittelmeergebiet und sogar nach Deutschland. Beispiele sind unter anderem die Asiatische Tigermücke und die Buschmücke. Das erhöht auch das Risiko für eine Übertragung tropischer Krankheiten.

Symptome ähnlich wie Ebola

Eine davon könnte nun das Alkhurma-Fieber sein. Im Jahr 19965 hatten Mediziner in Saudi-Arabien erste Fälle dieses neuen hämorrhagischen Fiebers. Ähnlich wie Ebola verursacht die vom Alkhurma -Virus verursachte Infektionskrankheit zunächst Fieber und Gliederschmerzen, dann können Blutungen in der Haut und an Organen folgen. Nach Schätzungen von Forschern kann die Alkhurma-Infektion in bis zu 25 Prozent der Fälle tödlich enden. Ein Gegenmittel gibt es nicht.

Bisher waren Fälle dieser Krankheit nur in Afrika und Saudi-Arabien bekannt. Mediziner vermuteten, dass das Virus dort durch Zecken von Nutztieren wie Dromedaren auf den Menschen übertragen wurde. Doch wie groß ist die Gefahr, dass dieses hämorrhagische Fieber auch nach Europa und Asien eingeschleppt wird?

Zeckenfahndung bei heimkehrenden Zugvögeln

Ein mögliches Szenario haben nun Tove Hoffman von der Universität Uppsala und seine Kollegen überprüft. Ihre Befürchtung: Zecken, die in Saudi-Arabien und Afrika das Virus übertragen, könnten in Afrika überwinternde Zugvögel befallen. Wenn diese Vögel dann im Frühjahr nach Europa zurückkehren, schleppen sie die infizierten Zecken bei uns ein.

Um zu prüfen, ob eine solche Einschleppung realistisch ist, fingen die Forscher in den Frühjahren 2010, 2014 und 2015 mehr als 30.000 Zugvögel an Überwachungspunkten in Griechenland, Spanien, Italien, der Türkei und Israel ein. Alle Vögel wurden auf Zecken abgesucht und diese dann einer Analyse auf Alkhurma-Viren-RNA unterzogen.

Die Zecke Hyalomma rufipes kann das Alkhurma-Virus übertragen. Sie wurde auch schon in Deutschland gefunden. © Daktaridudu/ CC-by.sa 4.0

Sechs infizierte Zecken entdeckt

Das Ergebnis: Insgesamt sammelten die Wissenschaftler 1,771 Zecken von den Zugvögeln ab, die meisten gehörten zur Art Hyalomma rufipes. Diese Zeckenart ist ursprünglich in Afrika beheimatet, wurde aber 2016 erstmals auch in Deutschland nachgewiesen. Das Entscheidende aber: Sechs von diesen Zecken waren mit dem Alkhurma-Virus infiziert, wie die Wissenschaftler berichten.

Einige der infizierten Zecken wurden in der Türkei an einem Rotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) gefunden, andere in Griechenland an einem Rotschopfwürger (Lanius senator) sowie an mehreren Schilfrohrsängern (Acrocephalus schoenobaenus). Letztere sind eine ziehende Singvogelart, die auch bei uns in Mitteleuropa häufig vorkommt.

Reales Risiko einer Ausbreitung nach Europa

„Der Nachweis des Alkhurma-Virus bei Hyalomma rufipes ist der erste Beleg dafür, dass auch diese Zeckenart als Überträger des Virus fungieren kann“, sagen die Forscher. Gleichzeitig demonstrieren die Funde, dass das Alkhurma-Virus mittels Vogeltransport schon mindesten bis in den Mittelmeerraum gelangt ist. „Das zeigt, dass das Risiko einer Verbreitung dieses Virus in neue geografische Gebiete durchaus besteht“, betont Hoffman.

Nach Ansicht der Wissenschaftler ist es nun wichtig, sowohl das Auftreten des Alkhurma-Virus als auch seine Ökologie und Übertragungswege genauer zu überwachen. „Unser Nachweis von Alkhurma-Viren-Erbgut in Europa und Kleinasien weckt Besorgnis über eine mögliche Verbreitung des Virus in diese Regionen“, sagt Hoffman. „Erleichtert werden könnte dies noch durch den Klimawandel, der das Verbreitungsgebiet der Hylomma-Zecken vergrößert.“ (Emerging Infectious Diseases, 2018; doi: 10.3201/eid2405.171369)

(Schwedischer Forschungsrat, 05.06.2018 – NPO)

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