Da staunen selbst die Biologen: Der in Asien heimische Kolibrifalter besitzt 15 verschiedene Sorten von Lichtsinneszellen im Auge. Das ist weit mehr als bisher von Insekten bekannt – und das Fünffache der gerade einmal drei Zapfen-Sorten im menschlichen Auge. Wozu dieser Schmetterling allerdings so viele Sehzellen benötigt, ist bisher rätselhaft. Forscher vermuten, dass es den Faltern dabei hilft, polarisiertes Licht und schnelle Bewegungen zu erkennen.
Wir Menschen verdanken unser Farbensehen drei Sorten von Zapfen in unserer Netzhaut. Diese Photorezeptoren enthalten unterschiedliche Sehpigmente und reagieren dadurch auf nur bestimmte Wellenlängen des Lichts. Bei uns entsprechen ihre Maxima etwa den Lichtfarben Blauviolett, Smaragdgrün und Gelb. Die Kombination dieser Signale ermöglicht es uns, problemlos Millionen verschiedener Farbtöne zu erkennen.
Bei Insekten gibt es aber noch weitaus bessere Farbenseher als uns. So besitzen Bienen zwar auch nur drei Zapfenarten, aber trotzdem die schnellste Farbsicht im gesamten Tierreich und Heuschrecken erkennen die Polarisation des Sonnenlichts und orientieren sich bei ihren Wanderungen daran. Viele Insekten können zudem UV-Licht sehen.
15 Sorten, von UV bis Rot
Doch der in Asien beheimatete Kolibrifalter (Graphium sarpedon) übertrifft sie alle – und überrascht damit selbst Biologen. Denn wie nun eine Untersuchung enthüllt, besitzt dieser Schmetterling gleich 15 verschiedenen Sorten von Photorezeptoren. „Wir wussten, dass die Zahl der Photorezeptoren von Art zu Art stark variiert“, sagt Studienleiter Kentaro Arikawa von der Sokendai Universität in Hayama. „Aber die Entdeckung von gleich 15 Klassen in einem Auge war wirklich erstaunlich.“
Bei keinem anderen Insekt wurden bisher mehr als neun solcher Photorezeptoren gefunden, wie die Forscher berichten. Durch physiologische und anatomische Untersuchungen fanden sie heraus, dass von den 15 Rezeptoren im Auge des Kolibrifalters einer UV-Licht wahrnimmt, ein weiterer violettes Licht, drei reagieren auf Blautöne, einer auf Blaugrün, vier auf Grün und fünf auf Rot.
Vier für Farben, elf für Spezialaufgaben
Aber warum benötigt dieser Schmetterling so viele verschiedenen Photorezeptoren? Dass die Kolibrifalter gute Augen haben, wusste man schon länger. Ihre Augen sind besonders groß und die Schmetterlinge kommunizieren untereinander durch Signale mit ihren blaugrün irisierenden Flügeln. Das allein aber erklärt noch nicht, warum sie nicht mit weniger Rezeptoren auskommen, wie andere, ähnlich gut sehende Insekten auch.
Arikawa und seine Kollegen vermuten, dass der Kolibrifalter nur vier seiner Photorezeptoren für das normale Farbsehen einsetzt. Die restlichen elf jedoch reagieren auf ganz spezifische visuelle Reize der Umwelt. Sie können damit beispielsweise schnellbewegende Objekte vor dem Himmel oder farbige Blüten inmitten der bunten Vegetation besser erkennen.
„Schmetterlinge haben zwar eine etwas geringere Sehschärfe als wir, dafür haben sie in anderen Aspekten klare Vorteile“, erklärt Arikawa. „Sie besitzen ein sehr großes Sehfeld, eine überragende Fähigkeit, schnelle Objekte zu verfolgen und sie können ultraviolettes und polarisiertes Licht erkennen. Ist es nicht faszinierend sich vorzustellen, wie diese Schmetterlinge ihre Welt sehen?“ (Frontiers in Ecology and Evolution, 2016; doi: 10.3389/fevo.2016.00018)
(Frontiers, 10.03.2016 – NPO)